Erntedankfest: Warum und wie feiern wir Erntedank?
Während das Erntedankfest früher eine wichtige Feier im Jahreskreis war, ist es heute in den Hintergrund geraten. Ein Fehler: Dankbarkeit für unser täglich Brot macht glücklich!
In stundenlanger Arbeit binden Bäuerinnen Büschel aus goldgelben Getreideähren. Aus ihnen flechten sie kunstvoll die sogenannte Erntekrone – ein Dankbarkeitssymbol, das in einigen Regionen Deutschlands zum Erntedankfest dazugehört. Der Brauch geht auf die Gutsherrenzeit zurück. Damals feierte das bäuerliche Gesinde zum Ende der Erntezeit ein Erntedankfest, bei dem der Gutsherr seine Mägde und Knechte mit einem Festessen und dem sogenannten Erntebier entlohnte. Zum Auftakt der Feierlichkeiten übergaben die Bauern ihrem Herrn einen Erntekranz oder eine Erntekrone. Es waren rauschende Feste, aus denen sich nach Ende der Feudalherrschaft dörfliche Erntedankfeste und später auch Vergnügungsangebote wie die Herbstkirmes entwickelten. Der Brauch, die Ernte zu feiern, ist aber viel älter.

Ursprung von Erntedank
Das Erntedankfest ist vermutlich so alt wie die Zivilisation. Gesichert ist, dass der Mensch mindestens seit der Antike das Ende der Ernte mit einem großen Fest begeht. Man darf nicht vergessen, dass bis vor nicht allzu langer Zeit etwa 80 Prozent der Menschen tagtäglich damit beschäftigt waren, ihr Essen in harter Arbeit selbst anzubauen. Wer nichts erntete, kämpfte ums Überleben. Aus diesem Grund dankten sie am Ende der Erntezeit Gott für die reifen Früchte. Die Industrialisierung der Landwirtschaft verdrängte viele Erntedanktraditionen. Für immer weniger Menschen spielte die Erntezeit eine Rolle. Während es 1950 in Deutschland noch zwei Millionen Bauernhöfe gab, sind es heute nur noch knapp 260.000 landwirtschaftliche Betriebe.
Erntedankfeste heute
Nichtsdestotrotz leben vor allem im ländlichen Raum und im kirchlichen Rahmen Erntedankfeste und Gottesdienste zum Erntedank fort. Sie sollen daran erinnern, dass unser „täglich Brot“ nicht selbstverständlich ist. Dafür werden die Altäre mit Erntegaben geschmückt, Lebensmittel gesegnet und Spenden für Menschen in Not gesammelt. Wie schon im Mittelalter Brauch, werden die Gaben des Ernte-Altars in der Regel an Bedürftige verschenkt. Empfänger sind meist Obdachlosenheime mit christlicher Trägerschaft.

Erntedankfest würdigt die Landwirtschaft
Insbesondere für die Bauern ist Erntedank bis heute wichtig. „Bauern feiern ihre Erntefeste nicht nur zum Vergnügen, sondern aus tiefer Dankbarkeit für die Schöpfung“, erklärt der Niedersächsische Landvolk-Verband. „Am Ernteerfolg hängt das wirtschaftliche Überleben der Höfe.“ Deshalb flechten Landwirte zum Erntedankfest heute noch Erntekronen aus Getreideähren und tragen diese mit einem Traktorgespann zur Schau. Sie nutzen die Feierlichkeiten dazu, den Menschen ihre Arbeit näher zu bringen. Auf den Dorffesten werden nicht selten alte Erntemaschinen und Handwerkskunst gezeigt, aber auch über moderne Lebensmittelproduktion möchten Landwirte aufklären.
Bauern feiern ihre Erntefeste nicht nur zum Vergnügen, sondern aus tiefer Dankbarkeit für die Schöpfung
Landvolk Niedersachsen

Warum Dankbarkeit wichtig ist
Erntedank mag heute eine andere Bedeutung haben als vor hundert Jahren. Aber auch in Zeiten des Wohlstands ist es sinnvoll, Dankbarkeit zu pflegen. Die Tatsache, dass wir uns jeden Tag satt essen, macht uns nicht automatisch glücklich. Untersuchungen haben aber gezeigt, dass Dankbarkeitsrituale wie ein Dankbarkeitstagebuch glücklicher machen. Sich bewusst zu machen, dass das Essen auf dem Tisch nicht selbstverständlich ist, aber auch die Zeit zum Anlass nehmen, das eigene Konsumverhalten zu überdenken.
Zum Beispiel gibt es in Deutschland dieses Jahr eine reiche Apfelernte. Aber die deutschen Obstbauern haben trotzdem Existenzsorgen. „Zu dem Preis, den der Einzelhandel aufruft, können wir nicht produzieren. Der Import aus dem Ausland ist oft günstiger“, sagt Obstbauer Claus Schliecker. Weil es sich nicht mehr lohnt, bleiben heute Früchte oft an den Bäumen hängen, während im Supermarkt Äpfel aus Neuseeland liegen.
Erntedank-Ritual für zu Hause
Erntedank kannst du auch gut für dich zu Hause zelebrieren. Nimm das Ende der Ernte und den Herbstbeginn zum Anlass, bewusst innezuhalten und dankbar zu sein. Dafür kannst du dir zu Hause einen kleinen Erntedank-Altar einrichten. Schmücke den Tisch mit Blumen, Blättern, Äpfeln oder dekorativem Gemüse und zünde im Gedenken an die Ernte und den reich gedeckten Tisch eine Kerze an.
Überlege dir, wofür du besonders dankbar bist. Wenn du dieses Ritual jeden Abend vor dem Einschlafen machst, wirst du besser schlafen. Das haben wissenschaftliche Studien gezeigt: Dankbarkeitspraxis baut Stress ab und fördert den Schlaf.