Hygge – Ganz gemütlich glücklich sein

Für manche ist die Deko entscheidend, für andere gutes Essen. Im Grunde steckt aber viel mehr dahinter: Wie Hygge zur Lebensphilosophie wird.

Dänen und Norweger sind glücklicher als Deutsche. Zu diesem Ergebnis kommt der jährlich erscheinende World Happiness Report. Dieses Jahr, letztes Jahr … und auch die Jahre zuvor. Seit 2012 listet der Bericht 156 Länder der Welt nach ihrem eigenen Gefühl von Glücklichsein auf. Im Auftrag der UN versucht man so greifbarer zu machen, was schwer planbar scheint: was glückliche Menschen ausmacht.

Was macht dich glücklich?

Zur Wertung des World Happiness Reports (was für ein sperriges Wort für ein schönes Gefühl) gehören Kriterien wie körperliche und geistige Gesundheit, Einkommen, Arbeit und soziale Sicherheit. Fragt man Experten, beispielsweise Meik Wiking, Buchautor („Hygge – Ein Lebensgefühl, das einfach glücklich macht“)* und Leiter des Kopenhagener Instituts für Glücksforschung, sind aber noch ganz andere Dinge ausschlaggebend. Dinge, die man viel leichter und schneller selbst beeinflussen kann. Wenn das so ist, dann probieren wir es doch gleich mal aus.

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Ein Selbstversuch

Laut Meik Wiking steckt hinter dem Glück der Dänen ein schlichtes Geheimrezept: Hygge. Aber was ist das überhaupt? Ursprünglich stammt das Wort aus Norwegen und bedeutet soviel wie Schutz und Wohlbefinden. Ja, auch die Norweger kennen hygge, es sich gemütlich machen, sich gut gehen lassen, hyggelig eben. Fangen wir mit dem Anfang an: der Aussprache. Hygge spricht sich so ähnlich wie „Hügel“, nur ohne „l“ am Ende und mit ganz weichem, aber trotzdem betontem „g“ in der Mitte… klingt total einfach. Ist es aber nicht. Weil das „ü“ kein klares „ü“ ist, das „g“ kein deutsches „g“, das „g“ am Ende von hyggelig gar nicht gesprochen wird – und überhaupt. Aber daran soll es nicht scheitern. Hygge ist ja zum GLÜCK kein Sprachtest, sondern ein Lebensgefühl. Hygge ist ein Gegenpol zu stressiger Arbeit und grau-trüben Tagen. Hygge ist wohlig, warm und angenehm. Hygge ist Gemütlichkeit und vertraute Gesellschaft. Hygge ist eine Art Glücksgefühl. Wenn auch möglicher Weise nicht die Aussprache – das kriegen wir hin!

Dein Hygge-Plan für alle Sinne in 5 Schritten

Der Glücksäquator liegt nicht nördlich der deutschen Grenze, du kannst dich bei dir zuhause mittenrein setzen in dein eigenes Hygge-Reich, fühle dich geborgen und genieße. Und das nicht nur in Ausnahmemomenten, sondern als eine Art ganzheitliche Lebensphilosophie. Denn nicht nur Kinder lieben Rituale. Einhellige Hygge-Erkenntnis ist, dass gewisse Gewohnheiten und Wiederholungen für mehr Ruhe und mehr Glücksmomente sorgen. Konzentriere dich also auf diese kleinen Dinge der Gemütlichkeit, auf das, was du hast und was dir Freude macht, nicht darauf, was fehlen könnte. Die kleinen Routinen des Alltags können so zu großen Glücksbringern werden.

Hygge mit licht, schlichter Deko aus Naturmaterialen
Mach‘s dir gemütlich: Was ist eigentlich Hygge? © mashiki – stock.adobe.com

Warmes Licht und schlichte Deko für die Augen

Regel Nummer 1: Es gibt keine Regel. Dir gefällt Retro-Chic? Na dann los, gestalte dir eine gemütliche Ecke im Stil der 50er-, 60er- oder 70er-Jahre. Lieber etwas moderner? Gar kein Problem. Gerne auch eine Blumenvase (Pflanzen haben eine positive Wirkung auf die Psyche) und DIY-Deko in natürlichen Farbtönen. Achte nur wenn möglich darauf, dass weniger mehr ist. Weniger Menge und Masse, weniger Ablenkung, mehr Ruhe. Naja, das könnte für deinen Hygge-Bereich dann wohl doch so etwas wie eine „Regel“ sein.

Was auf keinen Fall fehlen darf, ist warmes Licht. Licht ist das A und O für Wohligkeit und ein gemütliches Zuhause. Deine Lichtquellen können Kerzen, Lämpchen und Lampen sein, wichtig ist dabei die Lichtfarbe (Temperatur). Ich fasse diese eigene Wissenschaft kurz zusammen: Die Temperatur deiner Lichtfarbe wird in Kelvin gemessen. Kerzenschein (rotes Licht) gilt als sehr warme Lichtquelle, hat merkwürdiger Weise dabei sehr niedrige Kelvin-Werte bis etwa 2000 K. In der Mitte der Skala, um die 5000 K, ist das Licht neutral (weiß) und wird bis etwa 12.000 K kalt (blau). Wenn du dich also nicht wie auf dem OP-Tisch fühlen möchtest, was so ungefähr das Gegenteil von dem ist, was wir suchen, wähle eine Lichtquelle mit niedriger Kelvinzahl oder gleich Kerzenschein.

Weiche Kissen und kuschelige Decken für die Haut

Einrichtungsfotos und Innenausstattungstipps präsentieren oft prasselndes Kaminfeuer als unverzichtbaren Gemütlichkeitsbestandteil… Keine Sorge, es geht auch ohne. Bau dir deine Hygge-Höhle mit Kissen, Decken, Schaffell oder Tüchern. Auf dem Sofa, Parkett, hochflorigem Flokati, oder doch lieber in der Zimmerecke? Es gibt unzählige Möglichkeiten. Und auch hier gilt: genau dort, wo du dich wohl fühlst und so, wie es dir gefällt. Gut wäre nur, wenn du deine Oase nicht immer auf- und abbauen müsstest. Sie bleibt, wo sie ist und erwartet dich jederzeit barrierefrei und völlig entspannt zum Hygge-Ritual.

Entspannte Musik für die Ohren

Schon gewusst? Rhythmus und Klang stehen in direkter Beziehung zu unseren Gefühlen. Musik berührt und entspannt uns. Studien belegen, dass langsamere, leisere Instrumentalmusik Stress und Nervosität reduzieren und sogar die Ausschüttung des Stresshormons Kortisol senken kann. Die richtige Musik ist also ein perfekter Begleiter, wenn du es dir hyggelig machst und zur Ruhe kommen willst. Aber auch andere angenehme Geräusche passen gut zur Gemütlichkeit. Höre an einem wolkigen Tag doch einfach mal dem leisen Prasseln des Regens zu, während du in Wollsocken unter einer warmen Decke sitzt. Oder wie wäre es mit dem Tropfen des heißen Wassers in die Tasse, wenn du dir frischen Kaffee aufbrühst?

Hygge Tipp: Dankbarkeitstagebuch schreiben mit Kaffee und Kerzenlicht
Alltagsrituale wie ein Dankbarkeitstage führen, hilft beim Glücklich(er) sein. © lavrenkova – stock.adobe.com

Schokoladen-, Tee- oder Kaffeehygge für den Geruch und Geschmack – es darf auch gutes Essen sein

Womit wir schon beim nächsten Hygge-Punkt wären: Gutes für den Gaumen. Hygge ist Gemütlichkeit und Genuss. Dazu gehören, wenn du möchtest, leckeres Essen und Getränke. Hygge-Kaffee, -Tee und -Schokolade, es darf auch ein Glas Wein sein. Das Essen kannst du alleine zubereiten oder zusammen mit Freunden, Hauptsache, es macht Spaß und schmeckt dir. Aber kein Stress! Du musst kein 3-Gänge-Menü zaubern. Wenn es dich freut, reicht auch ein Stück Schokolade oder Kuchen. Hygge ist sinnlich, Entspannung und Freude für die Sinne. Schmeckt nicht nur, sondern riecht auch gut, so eine schöne Tasse Kaffee oder frisch gebackener Apfelkuchen!

Angenehme Gesellschaft fürs Herz

Was sich mit gutem Essen und Trinken immer verbinden lässt, ist gute Gesellschaft. Leute, in deren Gegenwart du dich aufgehoben fühlst, denen es egal ist, wie dein Haar sitzt und ob die Wohnung in Hochglanz erstrahlt. Menschen, mit denen du so sein kannst, wie du bist, dich unterhalten oder schweigen, Puzzeln, Kniffeln, Karteln oder deine Lieblingsserie gucken. Mit Familie oder Freunden kann es überall hyggelig sein: Zuhause auf dem Sofa, im Restaurant oder im Sommer auf der Wiese.

Es gibt so viele Möglichkeiten für Gemütlichkeit. „Für mich ist hyggelig, bei Regenwetter in einer warmen Hütte am Kamin zu sitzen, Spiele zu spielen und ein Glas Rotwein zu trinken.“, erzählt mir Ole aus Norwegen. Zuhause bei seiner Mormor (Großmutter) in der Nähe von Oslo gibt es immer frisch gebackene Kanelboller (Zimtschnecken) und heißen Tee – auch das ist Hygge. Ole hat sich die Tradition erhalten und genießt Rezept und Ritual mittlerweile zusammen mit seiner Freundin Leah in Deutschland.

Probiere aus, was für dich gut passt. Was bringt dich zur Ruhe? Wie sieht dein Hygge aus? Lass mich gerne wissen, was dich glücklich macht. Wir starten den wOnne Happiness Report!

Eines noch zum Schluss: Wenn du zuhause ausgehyggelt hast und zurück in die Welt gehst, pack dir eine Portion „Pyt“ in deine Tasche. Pyt (beliebtestes Wort in Dänemark 2018, sprich: pütt) bedeutet im Dänischen in etwa „Schwamm drüber, ist nicht so schlimm“. Du hattest einen wichtigen Geschäftstermin und ein Loch ist in der Strumpfhose? Pyt, lach darüber! Ein Vorhaben geht komplett daneben? Pyt, nimm‘s nicht so schwer. Gut, dass du es versucht hast. Ab nach Hause, mach’s dir hyggelig und schmiede neue Pläne!

Hast du schon ein Dankbarkeitstagebuch ausprobiert?