Radreisen: In Bewegung hält das Leben an

Langstreckenflüge und Vergammeln im Strandhotel sind nicht mehr zeitgemäß! Auf meinen Radreisen bin ich so glücklich und frei wie nie zuvor – willst du mitkommen?

Bestimmt drei Jahre habe ich davon geredet, wie gerne ich Radreisen unternehmen will – ohne jemals eine zu machen. Bis eine Zufallsbekanntschaft aus der Boulderhalle mich diesen Winter gefragt hat, wo ich denn schon überall war. Da konnte ich nichts berichten, während er mir großspurig von seiner Radtour nach Sankt Petersburg erzählt hat. Ich wusste aber auch, dass ich meine Pläne jetzt endlich in die Realität umsetzen muss. Also habe ich die frisch zurückgezahlte Kaution für mein altes WG-Zimmer in ein Trekkingrad und Outdoor-Equipment investiert. Im Juli bin ich dann gut 650 km durch Deutschland geradelt.

Heute möchte ich dir erzählen, warum ich Radreisen so liebe und sie vielleicht auch dir guttun. Außerdem erkläre ich dir, welche Ausrüstung unterwegs nicht fehlen darf und welche Webseiten und Apps dir bei der Vorbereitung und auf Tour helfen können.

Radreisen: Warum tut man sich das eigentlich an?

Aktivurlaube gehören für mich seit jeher zum Jahresverlauf. Oft war ich mit meinen Eltern zum Wandern oder Skifahren in den Alpen, Radtouren am Wochenende sind Alltag. Am Ende des Tages wartete jedoch immer ein bequemes Bett in der Ferienwohnung oder zu Hause auf mich. Dieses Mal habe ich die Nächte im Zelt auf der Isomatte verbracht, das gesamte Gepäck musste in meine Packtaschen passen. Eine große Umstellung – und manch einer fragt sich wohl: Warum sollte ich so meine Urlaubszeit verplempern?

Sonnenaufgang über der Weser mit Zelt und Rad
Allein für diesen Sonnenaufgang hat sich meine Radreise gelohnt. © Lea Spahn

Den ganzen Tag auf dem Fahrrad zu sitzen, mag nicht jedermanns Sache sein. Trotzdem kann ich diese Art zu reisen nur empfehlen. Kaum ein Urlaub dürfte so günstig sein – aber das ist nicht der wichtigste Punkt. Die Phrase „Der Weg ist das Ziel“ klingt mir zu abgedroschen. Dennoch zählt beim Radreisen nicht der Endpunkt, sondern die gesamte Tour.

Du kommst deutlich langsamer voran, erlebst aber auch die Welt um dich herum anders. Über den Tag hinweg kannst du nach und nach Veränderungen wahrnehmen: an der Landschaft, der Architektur, an der Sprache und manchmal sogar Mentalität der Menschen. Das Tempo bestimmst dabei nur du. Du bist lieber gemächlich unterwegs und hältst gern zum Sightseeing und für gutes Essen an? Mach das! Du willst lieber an deine körperlichen Grenzen gehen? Dann fahr so weit, wie du es schaffst!

So oder so kannst du deine Zeit in der Natur genießen. Und irgendwann kommen in der Fortbewegung die Gedanken zum Stillstand – nur der Moment zählt und alle Sorgen fallen mit einem Mal weg. Dieser Augenblick ist besonders wertvoll.

Eine Radreise kannst du guten Gewissens unternehmen. Ein noch geringeren CO2-Ausstoß als auf dem Fahrrad hast du höchstens zu Fuß. Wenn du An- und Abreise dann noch mit dem Fernbus oder dem Nachtzug antrittst, kannst du ganz nachhaltig verreisen. Vielleicht gerade deshalb steigt die Zahl der Radreisenden in Deutschland Jahr für Jahr; auch die Zahl der im Fernverkehr der DB mitgenommenen Fahrräder stieg bis 2019 auf über 393.000 (Quelle: Statista).

Equipment für Radreisen: Welches Fahrrad eignet sich?

Wenn du jetzt Lust auf Radreisen bekommen hast, musst du dir nicht unbedingt ein neues Fahrrad kaufen. Für mehrtägige Touren kommen die unterschiedlichsten Räder in Betracht:

  • Auf gut ausgebauten Strecken mit geteerten Radwegen oder wenig befahrenen Landstraßen kannst du dein Rennrad nutzen und so schnell Rekorddistanzen überwinden.
  • Strebst du eine anspruchsvolle Tour durchs Gelände oder gar durchs Gebirge an, zum Beispiel den Rennsteig-Radweg oder eine Alpenüberquerung, kannst du dein Mountainbike verwenden.
  • Auf dem Weserradweg sind mir Radreisende mit ihren ganz normalen Stadtfahrrädern begegnet. Zum Ausprobieren auf einem guten Radfernweg funktioniert das problemlos.
  • Der goldene Mittelweg ist für mich ein Trekkingfahrrad, das sich sowohl auf unebenen Untergründen als auch auf Teer angenehm fahren lässt.
  • Psst! Elektrofahrräder zählen nicht 😊

Wichtig ist, dass du deine Packtaschen vernünftig befestigen kannst. Auch dabei gibt es ganz unterschiedliche Varianten. Klassische Fahrradtaschen am hinteren Gepäckträger* bieten recht viel Stauraum. Eine kleine Lenkertasche (z. B. von Ortlieb*) eignet sich, um Wertsachen sicher aufzubewahren. Wer minimalistisch oder ohne Gepäckträger unterwegs ist, kann sich auf eine Rahmentasche und Taschen an einem Frontgepäckträger beschränken.

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Tipps für Anfänger: Wie plane ich meine Radreisen am besten?

Welche Route du für deine erste Radreise wählen solltest, hängt von deinem Können und deinen Erwartungen ab. Wer ohnehin viel Fahrrad fährt, kann gleich eine anspruchsvolle Strecke wählen. Am einfachsten tust du dir aber zunächst auf einer ausgebauten Strecke, die gut ausgeschildert ist und viele Möglichkeiten zum Einkehren und Übernachten bietet. In Deutschland trifft das zum Beispiel auf die Radwege entlang einiger großer Flüsse wie Weser, Elbe oder Main zu. Teilweise kannst du sogar einen Gepäcktransport von Unterkunft zu Unterkunft oder eine durchgeplante (Gruppen-)Reise buchen – wenn du möchtest.

Radreisen: Wo willst du übernachten?

Persönlich bin ich kein großer Fan solcher Radreisen – ich schätze unterwegs gerade die Flexibilität und will mich ungern bereits im Vorhinein festlegen, wie weit ich pro Tag fahre. Deshalb zelte ich unterwegs auf Campingplätzen, wo eine Reservierung nicht notwendig ist. Dabei muss ich aber auch mehr Gepäck mitnehmen: Mit Zelt, Isomatte und Schlafsack kommt so einiges zusammen. Ich verstehe außerdem gut, dass nicht jeder gerne auf dem Boden schläft.

Stattdessen kommen, vor allem entlang der viel befahrenen Fernradwege, Pensionen, Jugendherbergen, Hotels oder Ferienwohnungen in Betracht, ganz abhängig von deinen Bedürfnissen und deinem Budget. Gerade in der Hochsaison musst du dann aber rechtzeitig reservieren.

Wildes Campen ist in Deutschland verboten! Biwakieren, also schlafen unter freiem Himmel, gilt als Grauzone und wird meist geduldet – sollte meiner Meinung nach allerdings nur im absoluten Notfall geschehen.

Was darf beim Radreisen sonst nicht fehlen?

Nimm auf keinen Fall zu viele Klamotten mit. Ein Aktivurlaub ist keine Modenschau und in vielen Unterkünften gibt es eine Waschmaschine. Ansonsten tun es auch mal Reisewaschmittel und das Waschbecken.

Auf meine Packliste gehört auf jeden Fall:

  • Sonnenschutz: Auch im Frühling oder Herbst solltest du Sonnencreme verwenden! Eine Cap* und ein Halstuch* als Schutz für den Nacken sind für mich das A&O.
  • Ein Fahrradhelm* und ein gutes Fahrradschloss*: Radreisen sind leider nicht ganz ungefährlich.
  • Ein Lappen, um abends den gröbsten Dreck vom Fahrrad zu wischen
  • Wichtig ist unterwegs auch die Pflege des Rads: Reinigung und Schmiermittel* für die Fahrradkette sind ein Muss auf längere Touren.
  • Notfall-Reperatur-Kit: Ein Multi-Tool* und ein Ersatzschlauch müssen mit
  • Trinkflaschen und/oder Trinksystem* (!): Besonders mit einem Trinksystem kannst du trinken, ohne absteigen zu müssen
  • Eine vernünftige Powerbank*, wenn dein Handy-Akku aufgibt oder du abends doch keine Möglichkeit zum Laden findest
  • Eine Radwanderkarte: Enthält nützliche Tipps zu Sehenswürdigkeiten, Cafés und Restaurants, Rastplätzen oder Unterständen und hilft weiter, wenn die Beschilderung zu wünschen übriglässt oder das Handy den Geist aufgibt
  • Ein Notizbuch: Dann kannst du am Ende des Tages deine Erlebnisse notieren oder ein Dankbarkeitstagebuch führen

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Nützliche Links und Apps für Radreisende

Bett+bike ist eine Webseite, die durch den Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) betrieben wird und hilft, fahrradfreundliche Unterkünfte zu finden. Dabei kannst du gezielt in bestimmten Bundesländern und Naturräumen oder entlang der Fernradwege suchen. Das Siegel „bett+bike“ erhalten nur Pensionen und Hotels, die an die Bedürfnisse von Radtouristen angepasst sind. Sie müssen zum Beispiel Gäste auch nur für eine Nacht aufnehmen, ein reichhaltiges Frühstück und sichere Abstellmöglichkeiten für Räder anbieten sowie über Reparatursets und Kontakt zu einer Fahrradwerkstatt in der Nähe verfügen.

Warmshowers ist ein internationales Netzwerk von und für Radreisende, die dir als Reisenden eine warme Dusche und eine Möglichkeit zu übernachten anbieten. Das System beruht auf Gegenseitigkeit. Ähnlich funktioniert das Netzwerk „Dachgeber“, das zum ADFC gehört. Hier gibt es ein richtiges Papierverzeichnis, das an alle Mitglieder versendet und jährlich erneuert wird.

Radreisen Schutzhütte
Schutzhütten laden zum Unterstellen, Rasten und Verweilen ein. © Lea Spahn

Mit einem Regenradar kannst du ziemlich genau abschätzen, ob du in den nächsten Stunden nass wirst und rechtzeitig in die Regenkleidung schlüpfen, dich unterstellen oder einen halben oder ganzen Tag Pause einlegen. Eine Wetter-App mit detaillierten Infos wie UV-Index, Windstärke und Windrichtung ist zudem sehr nützlich.

Bei Komoot findest du alternative Routen oder auch mal eine Wanderung, wenn dir nach einem Tag Abwechslung ist. Zusätzlich kannst du mit App deine zurückgelegte Strecke, deine Geschwindigkeit und weitere Statistiken tracken. Wenn du dich mal verfahren hast, bringt die Fahrrad-Navigation von Google Maps verlässlich zurück auf den Radweg.

Radreisen: Rad auf Wehr
An einer Treppe heißt es auch mal: Gepäck runter, Fahrrad hochtragen, Gepäck hochtragen, Gepäck wieder rauf. © Lea Spahn

Fahr los! Sammle Erlebnisse und Begegnungen

2021 verreisten die meisten aller Radreisenden mit ihrem Partner, ihrer Partnerin oder mit Freunden. 18 % gaben an, ohne Begleitung zu reisen. Mit wem man gerne verreist, ist so individuell wie das Radreisen an sich. Persönlich bin ich am liebsten allein unterwegs. So kann ich mich bei Etappen, Geschwindigkeit und Pausen nach mir selbst richten und komme richtig bei mir an – außerdem begegnet man allein den Menschen ganz anders. Und Herausforderungen, die unterwegs auf jeden Fall aufkommen, lassen mich über mich selbst hinauswachsen.

Egal, ob inspirierende Begegnungen auf Zeltplätzen oder in Rasthütten, lustige Ereignisse, die zur gerne erzählten Party-Anekdote werden oder stille Erkenntnisse im Schatten eines Obstbaums. All diese Momente gehören auf ewig mir – nichts und niemand kann sie mir jemals nehmen.

Im Camper-Van würde ich aber lieber gemeinsam mit einer Freundin verreisen: