Nachhaltige Schnittblumen: wild.verwurzelt setzt ein Zeichen gegen importierte Massenware

Bunt blüht es auf einem Acker in Stiefenhofen im Allgäu, hier wachsen nachhaltige Schnittblumen, die zu Sträußen gebunden, ihre Farbenpracht in unser Zuhause bringen – regional und schön anzuschauen.

Autorin: Katharina Kümmerle

Ein bunter Blumenstrauß mit duftenden Blüten macht gute Laune – ob wir ihn verschenken oder uns selbst eine Freude machen. Rosen, Tulpen, Nelken erfreuen unser Auge und unser Gemüt. Was wir dabei allerdings oft vergessen, ist, uns zu fragen: Woher kommen eigentlich all die schönen Blumen, die uns beim Floristen, im Supermarkt oder bei zahlreichen Online-Blumenhändlern angeboten werden?

Gibt es nachhaltige Schnittblumen?

„Das weiß man oft nicht so genau, die Herkunft von Blumen muss in Deutschland nicht deklariert werden“, sagt Stefanie King von wild.verwurzelt „und genau das ist das Problem. Denn normalerweise haben Schnittblumen eine lange Reise hinter sich, bevor sie unser Zuhause schmücken. Meist kommen sie aus Kolumbien, Ecuador, Kenia oder Äthiopien. Da keine Kennzeichnungspflicht besteht, ist dies vielen Verbraucher*innen aber nicht bewusst.“

Aber das ist noch nicht alles: Die Bedingungen, unter denen die Blumen in diesen Ländern produziert werden, sind oft schlecht – sowohl für die Natur als auch für die Menschen vor Ort: „Der Einsatz von Pestiziden ist beim Anbau ebenso üblich, wie auch die ausbeuterische Menschenarbeit. Auch der hohe Wasserverbrauch belastet Mensch und Natur in Gegenden, in denen es sowieso schon zu wenig Wasser für alle gibt. Alles nur, damit ein Blumenstrauß bei uns auf dem Tisch steht, der häufig so von Pestiziden belastet ist, dass man ihn nicht auf dem Kompost entsorgen kann“, bekräftigt Christine King und erklärt: „Um uns guten Gewissens an Blumensträußen zu erfreuen, braucht es nachhaltige Alternativen, die als Geschenk wirkliche Wertschätzung entgegenbringen – den Beschenkten, den Erzeuger*innen, den Blumenkünstler*innen und der Natur.“

Slowflower aus dem Allgäu

Mit wild.verwurzelt haben Angelina, Stefanie und Christine diese Alternative für nachhaltige Schnittblumen im Allgäu geschaffen und sind damit Teil eines größeren Netzwerks, der Slowflower-Bewegung, die in Nordamerika begann und seit einigen Jahren auch in Deutschland wächst. Grob zusammengefasst verbindet sie das Konzept, nachhaltigen Blumenanbau ohne Pestizide und Kunstdünger zu betreiben, die Sorten zu vermarkten, die gerade Saison haben und auf weite Transportwege zu verzichten.

Die drei Frauen von wild.verwurzelt
Angelina, Stefanie und Christine von wild.verwurzelt. © wild.verwurzelt

Bei wild.verwurzelt sieht die Produktion konkret so aus: „Wir verwenden nachhaltig erzeugtes Saatgut, verzichten auf Pestizide und gentechnisch veränderte Pflanzen. Außerdem nutzen wir nur organischen Dünger und vermeiden Steckmasse und Plastik bei unseren Sträußen und Arrangements.“ Ihr Credo dabei: „Wir möchten Lust auf Nachhaltigkeit machen! Ohne zu belehren, möchten wir zeigen, dass auch in der Blumenindustrie ein Umdenken stattfinden muss: Zum Schutz unserer Natur und für Blumen, die uns ein Lächeln aufs Gesicht zaubern, statt uns ein schlechtes Gewissen zu machen.“

„Wir möchten Lust auf Nachhaltigkeit machen! Ohne zu belehren.“

Nachhaltige Schnittblumen statt Schumpen

Aber gehen wir noch einen Schritt zurück: Warum eigentlich wild.verwurzelt? „Bei unserer Namensfindung haben wir wirklich lange hin und her überlegt, von ‚bunte Beete‘ bis ‚Blütenkonfetti‘ war alles dabei. Wir wollten einen Namen für uns finden, der darauf hinweist, dass unsere Blumenkombinationen locker und ausgefallen sein können (wild) und der das Thema Regionalität (verwurzelt) aufgreift.“

Und so ging es für wild.verurzelt los: Stefanie und Christine King sind Schwestern, sie wuchsen auf dem Bauernhof in Stiefenhofen auf, den sie heute mit ihren Schnittblumen bewirtschaften, oder wie Christine King sagt: „Auf den Wiesen stehen jetzt Schnittblumen statt Schumpen (Anm. d. Redaktion: Jungrinder)“.

garten im allgäu zum Blumen ziehen
Hier wachsen die Blumen von wild.verwurzelt. Traumhaft, oder? © wild.verwurzelt

Das Trio wird von Angelina Diesch komplettiert, Nachbarin und Freundin von Stefanie King, die ihre gemeinsame Leidenschaft fürs Gärtnern auf der Dachterrasse ihres Wohnhauses in Kempten entdeckten. Dass der grüne Daumen und ein Grundverständnis für Pflanzen zwar eine gute Voraussetzung ist, aber nicht zwangsläufig heißt, dass auch wirklich alles wächst und gedeiht, haben die drei mit viel Learning-by-doing festgestellt. „Wie eng man die Samen aussäht, wie viel Sand und Mist eine Zinnie braucht, das wussten wir vorher alles nicht“, sagt Stefanie King.

Aber auch hier zeigt sich der Tatendrang, der die drei verbindet: „Wir haben einen Beetplan angelegt und führen ein Logbuch, in dem wir genau aufschreiben, was wann wie wächst, damit wir daraus dann Rückschlüsse für die nächste Saison ziehen können.“

Gemeinsam haben die drei nicht nur den Tatendrang und die Liebe zur Natur, sondern auch den Sinn für Schönes: „Wir lieben es über unsere Beete zu streifen, um Blumen in allen Formen und Farben zu sammeln, die wir dann zu ganz besonderen Sträußen verarbeiten.“ Die drei Freundinnen versuchen so viel Zeit wie möglich für ihr Blumenprojekt einzurichten, sind aber alle drei auch noch hauptberuflich eingespannt. „Keiner von uns schreibt die Stunden auf, uns treibt in erster Linie die Freude am gemeinsamen Arbeiten und Draußensein an.“

Nachhaltige Schnittblume Blumenkranz
Wie wäre es mit einem Kranz aus nachhaltigen Schnittblumen? © wild.verwurzelt

Nachhaltige Schnittblumen: Vom Feld in die Vase

Um nicht unnötig viele Blumen abzuschneiden, verkaufen wild.verwurzelt ihre Blumensträuße auf Vorbestellung. „Bis Donnerstagabend der jeweiligen Woche kann auf unserer Internetseite geordert werden und ab Freitagnachmittag steht der Strauß dann in der Abholstation bereit. Da wir keine Blumen zukaufen, bestimmt die Natur und unsere Kreativität an diesem Tag, welche Blumen miteinander kombiniert werden“, erklärt Stefanie King.

Auf Vorbestellung fertigen sie außerdem Blumenschmuck und Tischdeko für Hochzeiten und Geburtstage. Und alles was nicht verkauft wird, wird getrocknet, sodass man sich auch in den Wintermonaten an den Trockenblumen erfreuen kann.

Bis im Juni dann wieder die Saison losgeht und frische Blumensträuße aus Frauenmantel, Skabiose, Vergissmeinnicht, Mutterkraut, Lichtnelke, Margerite, Färberkamille, Lavendel, Kornblume, Lupine, Wollziest und Ringelblume unser Zuhause aufblühen lassen. Zum Beispiel, denn welche Blume, wie viele und wann genau, das entscheiden nicht nur die Macherinnen von wild.verwurzelt, das entscheidet immer auch die Natur.

Mehr Infos über nachhaltige Schnittblumen findest du unter:

Jeans mit Frau hält Blumenkranz in der Hand
Bunte Blumen machen gute Laune, oder? © wild.verwurzelt

Workshops von wild.verwurzelt

Workshop Flower Hoop

  • Gemeinsam binden wir einen sommerlichen Blumenkranz auf einem Metall oder Holzring.
  • Samstag, 09.07.2022 von 10.30 Uhr bis ca. 13.00 Uhr
  • 89 Euro pro Person

Workshop Kopfkränzchen

  • Blumen in den Haaren und ein Lächeln im Gesicht: Das erwartet dich bei diesem Workshop.
  • Samstag, 06.08.2022 von 10.30 Uhr bis ca. 13.00 Uhr
  • 89 Euro pro Person

Gartenrundgang

  • Wir erläutern euch bei diesem Gartenrundgang Wissenswertes zu wild.verwurzelt, dem nachhaltigen Schnittblumenanbau und zeigen euch die Vielfalt unseres Feldes.
  • Samstag, 20.08.2022 von 10.30 bis ca. 11.30 Uhr und
  • Samstag, 17.09.2022 von 10.30 bis ca. 11.30 Uhr
  • 10 Euro pro Person