Die Eisheiligen: Maifröste und ihre Auswirkungen aufs Urban Gardening

Vor den Eisheiligen und ihren vernichtenden Frösten fürchten sich Gärtner jedes Jahr aufs Neue. Hier erfährst du, was hinter dem Phänomen steckt und was es fürs Urban Gardening bedeutet.

Der grüne Daumen liegt nicht in meiner Familie. Ich habe letztes Jahr zwar ein paar Zucchini geerntet, aber Karotten und Salat wollten einfach nicht aufgehen. Die Tomaten meiner Schwester siechten mit Braunfäule vor sich hin. Im Garten meiner Mutter wuchs eine große Kürbispflanze, allerdings auf dem Kompost, ohne dass je irgendjemand sich darum gekümmert hätte. Trotzdem wusste ihr Vater, mein Opa, mich schon als Grundschulkind zu warnen:

„Pankraz, Servaz und Bonifaz kommen im Mai; der Frost ist erst mit der Kalten Sophie vorbei.“

Doch nicht nur bei uns ist der Begriff der „Eisheiligen“ bis heute wohlbekannt – was steckt genau dahinter? Und welche Auswirkungen haben sie auf uns als urbane Gärtnerinnen und Gärtner?

Die Eisheiligen: Was steckt hinter dem Wetterphänomen?

Im Laufe des Mais fällt häufig die Temperatur für einige Tage noch einmal rapide ab, obwohl es schon sehr warm und sommerlich war. Dieses Wetterphänomen ist eben unter dem Namen „die Eisheiligen“ bekannt. Bei klarem Himmel gefriert in der Nacht manchmal sogar der Boden. Es handelt sich um eine sogenannte meteorologische Singularität. Das bedeutet, dass in diesem Zeitraum das Wetter vom glatten Übergang der Jahreszeiten ineinander abweicht – ähnlich, wie wenn es im „Altweibersommer“ Ende September nochmal richtig warm wird.

Diese Wetterlage entsteht so: Der Kontinent Europa erwärmt sich im Frühling sehr viel schneller als die umliegenden Meere. Durch den Temperaturunterschied zwischen See- und Landmasse entstehen Tiefdruckgebiete. Diese wiederum sorgen dafür, dass die warme Luft nach Norden wandert und kalte Luft aus Skandinavien und Sibirien nach Mitteleuropa gesaugt wird.

Auch unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist umstritten, ob es die Eisheiligen wirklich gibt. Ob die beschriebene Wetterlage existiert, ob und in welchem Zeitraum des Frühlings sie auftritt, unterliegt einer neuen Untersuchung zufolge aber wahrscheinlich dem Zufall. Hier wurden die Aufzeichnungen der hundert Jahre von 1921 bis 2020 untersucht: Nur in 39 Jahren ließ sich ein signifikanter Effekt feststellen, in den anderen 61 Jahren blieb das Phänomen aus.

Die Eisheiligen: Wie heißen die Eismänner?

Die Tage der Eisheiligen kommen dennoch immer wieder. Die auch Eismänner genannten Gestalten sind eine nämlich eigentlich eine Reihe von frühchristlichen Heiligen beziehungsweise deren Namenstage. Sie alle gehören, wie auch die Heilige Barbara, zu den „Wetterheiligen“.

  • 11. Mai – Mamert (Mamertus) war ein Bischof im Gallien des 5. Jahrhunderts. Er soll gegen Dürre und Fieber helfen und ist Schutzpatron der Hirten.
  • 12. Mai – Pankraz (Pankratius) starb im 4. Jahrhundert als Märtyrer in Rom.
  • 13. Mai – Servaz (Servatius von Tongern) war im 4. Jahrhundert der erste christliche Bischof auf dem Gebiet der heutigen Niederlande und soll der Überlieferung nach mit einem Holzschuh erschlagen worden sein. Zu ihm betet man unter anderem wegen Frostschäden und Rattenplagen.
  • 14. Mai – Bonifaz (Bonifatius von Tarsus) starb ebenfalls im 4. Jahrhundert den Märtyrertod.
  • 15. Mai – Sophie (Sophia von Rom) erlitt das gleiche Schicksal wie Bonifaz und Pankraz. Zu ihr betet man gegen Spätfröste und für eine reiche Ernte.

Die Eisheiligen fallen dementsprechend jedes Jahr auf die gleichen Daten. Trotzdem neben es die „Gestrengen Herren“ mit dem Datum nicht ganz so streng – an den Kalender halten sie sich nicht. In Norddeutschland gelten zudem nur Mamertus, Pankraz und Servaz als die drei Eisheiligen. In Süddeutschland, insbesondere in Bayern, spricht man von den drei Eisheiligen Pankraz, Servaz und Bonifaz sowie von der „kalten Sophie“. Das spricht für die kalten Luftmassen aus dem Nordosten, die im Süden einen Tag später eintreffen als in Norddeutschland.

Das Auftreten der Eisheiligen hängt darüber hinaus mit der Umstellung vom julianischen auf den gregorianischen Kalender im 16. Jahrhundert zusammen. Vor der Kalenderreform lagen diese Namenstage bis zu 10 Tage später im Jahresverlauf als heute. Ein Kälteeinbruch kommt statistisch betrachtet tatsächlich häufiger nach dem 20. Mai vor.

Der bäuerliche Hintergrund der Eisheiligen

Dass die Eisheiligen sich dennoch so tief ins kollektive Gedächtnis der Landbevölkerung gebrannt haben, ist nicht verwunderlich. Die späten Maifröste, wie die Tage der Eisheiligen oft auch genannt werden, konnten die ganze Aussaat vernichten, somit für Missernten und schlimme Hungersnöte sorgen.

Die Eisheiligen: Eiszapfen an den Blüten eines Apfelbaums
Im professionellen Obstanbau schützt man zarte Apfelblüten mit einer Schutzberegnung vor Frostschäden. © Werner / stock.adobe.com

Darum haben die Landwirtinnen und Landwirte über die Jahrhunderte hinweg sehr genaue Wetterbeobachtungen angestellt und in ihren Bauernregeln festgehalten. Diese treffen erstaunlich oft zu. Auch rund um die Eisheiligen finden sich viele Bauernreime. Sie wurden aus dem Spätmittelalter und damit aus der Zeit vor der Kalenderreform überliefert. Noch genauer sind die Regeln, wenn man die Kleine Eiszeit mit einberechnet. Diese herrschte vom 15. bis ins 19. Jahrhundert und sorgte für lange, bitterkalte Winter und kühle, nasse Sommer. Damals kamen auch die Maifröste noch wesentlich häufiger als vor im 20. Jahrhundert oder heute.

Einige Bauernregeln rund um die Eisheiligen

  • Vor Bonifaz kein Sommer, nach der Sophie kein Frost.
  • Die kalte Sophie macht alles hie. (hie bedeutet kaputt)
  • Pankraz und Servaz sind zwei böse Brüder, was der Frühling gebracht, zerstören sie wieder.
  • Mamerz hat ein kaltes Herz.
  • Pankrazi, Servazi, Bonifazi sind drei frostige Bazi; und zum Schluss fehlt nie die Kalte Sophie.
  • Ist Sankt Pankratius schön, wird man guten Wein sehen.
  • Servaz muss vorüber sein, will man vor Nachfrost sicher sein.
  • Wer seine Schafe schert vor Servaz, dem ist die Wolle lieber als das Schaf.

Die Eisheiligen und Urban Gardening: Gefahr droht auch im Hochbeet

Doch nicht nur in der Landwirtschaft können die Maifröste der Ernte den Garaus machen. Auch wer im Hochbeet gärtnert, fürchtet um ihre empfindlichen Keimlinge, Pflänzchen und Sommerblumen. Und „wenn’s ans Pankraz friert, ist im Garten viel ruiniert“ gilt auch nicht nur im Schrebergarten, sondern auch im Balkonkasten und im Hochbeet.

Die Eisheiligen: Diese Pflanzen mögen keine Maifröste

Vor allem Pflanzen, die aus wärmeren Gefilden kommen, können durch die Eisheiligen schaden nehmen. Dazu gehören zum Beispiel:

Wenn du einige Dinge beachtest, kannst du aber auch deine urbane Ernte leicht vor den Eisheiligen schützen und frühe Verluste vermeiden.

  1. Behalte vom 11. bis zum 15. Mai und darüber hinaus den Wetterbericht im Auge. Durch Vorhersagen des Wetterdiensts weiß man heute genau, ob Nachtfröste drohen oder nicht.
  2. Vorgezogene Tomaten und Zucchini kannst du im Mai in der Sonne schon gut an die Frischluft gewöhnen. Die Nächte sind für dieses mediterrane Gemüse aber noch zu kalt, also solltest du sie am Abend unbedingt wieder in die Wohnung holen.
  3. Hast du doch schon frostempfindliche Pflanzen nach draußen versetzt, kannst du dieses mit einem Kälteschutz abdecken. Dafür eignen sich Gartenvliese, alte Laken, Pappkartons, Töpfe oder Plastikbehälter. Damit es den Pflanzen am Tag nicht zu warm wird, solltest du den Schutz dann wieder entfernen.

In diesem Video zeigt euch die Gartenexpertin Moni, bei welchen Pflanzen sie noch mit dem Auspflanzen wartet, bis die Eisheiligen vorüber sind:

Die Eisheiligen: Ein Ausblick auf die Zukunft

Forschende setzen sich auch mit der Frage auseinander, ob der Klimawandel Einfluss auf die Eisheiligen nimmt. Tatsächlich zeigen Untersuchungen, dass Temperatureinbrüche Mitte oder Ende Mai unabhängig von der globalen Erwärmung auftreten können. Allerdings fallen die Temperaturen dabei immer seltener unter den Gefrierpunkt – somit könnte es mit den „Eis“-Heiligen auf die Dauer tatsächlich vorbei sein.

Für deine Jungpflanzen solltest du im Mai auf jeden Fall den Wetterbericht im Auge behalten. Auch noch später, meistens um den 11. Juni herum, kann es mit der Schafskälte noch einmal zu einem weiteren Kältesturz kommen. Mit Frost musst du dann nicht mehr rechnen, aber empfindliche Pflänzchen möchten trotzdem gerne vor der Kälte geschützt werden.