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O’zapft is: Wie sinnvoll ist Birkensaft zapfen?

Ein fast vergessender Brauch liegt wieder im Trend: Birkenwasser zapfen. Der Saft der Birke gilt als gesundes Superfood. Aber wie gesund ist das für die Birke?

Von Eva Goldschald
Birkensaft ist eine klare, farblose Flüssigkeit. Im Frühjahr wird sie von vielen aus der Birke abgezapft.In regenreichen Jahren kann von Februar bis April Birkenwasser gezapft werden.
Birkensaft ist eine klare, farblose Flüssigkeit. Im Frühjahr wird sie von vielen aus der Birke abgezapft. In regenreichen Jahren kann von Februar bis April Birkenwasser gezapft werden.

Schon vor einigen Jahren schworen Naturpädagogen, Influencer und Naturheilkundler auf Birkenwasser. In der Volksmedizin wurde es traditionell bei Gicht, Rheuma und Haarausfall angewendet. Bekannt ist der Saft der Birke hierzulande vor allem als Mittel gegen Schuppen. Mittlerweile kommt Birkenwasser nicht mehr nur auf die Kopfhaut, sondern ist sprichwörtlich in aller Munde: als Gesundheitstrunk, der entschlackt und gegen Cellulite, Hautunreinheiten und bei hohem Cholesterin helfen soll. 

Um an den kostbaren, süßlich schmeckenden Saft zu gelangen, müsse man im Frühjahr nur eine Birke anzapfen. Im Netz finden sich zahlreiche Tipps und Anleitungen, wie sich Birkenwasser selbst zapfen lässt. Ein Trend auf Kosten der Natur?

Birkensaft zapfen: Die Ursprünge

In Russland, Finnland und Skandinavien zapft man seit Jahrhunderten Birkenwasser. Man macht daraus Wein, Sirup, Bier und auch Honigwein. Auch hierzulande findet man Birkenwasser mittlerweile in Drogerien oder Reformhäusern. Allerdings ist das kein pures Birkenwasser. Um es länger haltbar zu machen, wird es pasteurisiert oder mit Konservierungsstoffen versetzt. In der UdSSR trank man Birkensaft als Ersatz für Limonade. Obendrein galt Birkenwasser als einfach zu gewinnender Durstlöscher für Waldarbeiter.

Birken sind Flachwurzler, das heißt, sie saugen Wasser nicht tief aus dem Boden, sondern aus den umliegenden, oberen Erdschichten. Regnet es mehrere Tage nicht, ist das sogenannte Birkenwasser eine wichtige Reserve und gleichzeitig Nährstoffvorrat für den Baum. Birkenwasser ist also nichts anderes als gespeichertes Regenwasser mit Nährstoffen. Im Birkenwasser stecken für den Baum wichtige Inhaltsstoffe wie Aminosäuren, Eisen, Kalium, Kalzium, Magnesium, Natrium, Phosphor, Proteine, Zink oder auch Vitamin C.

Birkenwasser gewinnen

Birkenwasser kann aus dem Stamm, den Ästen und sogar aus den Wurzeln der Weißbirke gewonnen werden. Die Erntezeit ist kurz und geht je nach Witterung von Mitte Februar bis zum Blattaustrieb im April. Nur an frostfreien Tagen lässt sich Birkensaft ernten. Liegt die Tagestemperatur unter fünf Grad, fließt der Saft nur spärlich.

Birken wachsen gerne in lichten Wäldern und Mooren auf sauren Böden. Sie kommen im Gegensatz zu anderen Bäumen mit wenig Nährstoffen aus.
Birken wachsen gerne in lichten Wäldern und Mooren auf sauren Böden. Sie kommen im Gegensatz zu anderen Bäumen mit wenig Nährstoffen aus.

Für die Entnahme bohrt man ein kleines Loch leicht schräg nach oben durch die Rinde in das Holz. Da der begehrte Birkensaft direkt unter der Rinde fließt, muss das Loch nicht tiefer als 2 cm sein. In die Öffnung wird ein Röhrchen oder dünner Schlauch gesteckt und ein Gefäß darunter fixiert, in welches der Saft hinein tropfen kann. Je nach Saftfluss kann es eine Stunde bis mehrere Tage dauern, bis ausreichend Birkenwasser gewonnen ist. Bis zu zehn Liter Ernte pro Tag ist möglich. Empfohlen wird jedoch nicht mehr als insgesamt fünf Liter zu entnehmen. Nach der Ernte sollte das Loch im Idealfall mit Baumharz oder einem Stück Birkenzweig verschlossen werden, heißt es.

Frisch gezapftes Birkenwasser sollte innerhalb von drei Tagen getrunken werden. Regelmäßig verabreicht soll Birkenwasser Beschwerden von Gicht, Rheuma und sogar Diabetes lindern. Wer es pur ins feuchte Haar massiert, kräftigt angeblich die Haarwurzeln. Außerdem soll sich Birkensaft positiv auf Allergien, Neurodermitis oder Akne auswirkt. Wissenschaftliche Belege zur Wirkung gibt es jedoch nicht.

Das sagen Baumexperten zum Birkensaft zapfen

Fragt man Förster, raten die meisten von der Praxis des Birkenanzapfens ab. Die Gefahr, den Baum zu schädigen, sei zu groß. Baumpfleger Ralph Veitengruber aus Freising ist der Meinung, dass kleine Löcher dem Baum nichts ausmachen sollten. „Wenn man nur ganz wenig zapft, das Loch klein ist und man es direkt danach verschließt, dann sollte der Baum das schon ganz gut überstehen.“  Schließlich sei die Rinde wie ein Schutzschild und kann solche kleinen Eingriffe ganz gut wegstecken.

Der Berliner Baumpfleger Rainer Bubenzer wiederum weist darauf hin, dass man sich strafbar macht, wenn man ohne Erlaubnis des Eigentümers der Birke Birkensaft zapft. Steht der Baum auf öffentlichem Grund, muss das zuständige Amt um Erlaubnis gefragt werden. Ohne Erlaubnis ist das Abzapfen von Birkenwasser ein Rechtsverstoß. Laut Bubenzer riskiert man bei der Praxis, dass Pilze und Bakterien durch die Wunde in den Baum gelangen.

Wer unbedingt Birkenwasser zapfen möchte, so Bubenzer, solle nur größere Zweige anzapfen oder kleine Äste kappen. Der Baum produziere das Wasser allerdings nicht einfach so im Überfluss. Dahinter stecke ein komplexes System, mit dem ein Baum die Nährstoffakkumulation für die bevorstehende Wachstumsphase vorbereitet. Die Birke deckt damit ihren Nährstoff- und Wasserbedarf. Der Baumpfleger vergleicht Bäume im Frühling mit Kindern in ihrer Wachstumsphase. „Die dürfen schließlich auch kein Blut spenden.“

Man bohrt ein Loch in die Runde zum Zapfen und verschließt am Ende das Loch wieder mit Harz.Eva Goldschald
Man bohrt ein Loch in die Runde zum Zapfen und verschließt am Ende das Loch wieder mit Harz.Eva Goldschald

Wer trotzdem gerne in den Genuss von frischem Birkenwasser kommen möchte, sollte den Baum nur anbohren, wenn es im Winter und Frühjahr viel Niederschlag gab. Ansonsten benötigt der Baum alle verfügbaren Wasserressourcen selbst. Zudem müssen mindestens zwei Jahre vergehen, ehe man einen Baum ein zweites Mal anzapft. Die Birke sollte dabei kräftig und gesund sein. Und es braucht eine Erlaubnis, wenn der Baum nicht auf dem eigenen Grundstück steht.

Wer seinem Baum diese Prozedur ersparen möchte, kann auch auf Birkenwasser-Produkte aus dem Handel zurückgreifen. Eine weitere Alternative ist Tee aus Birkenblättern. Dieser hat ähnliche Heilwirkungen wie Birkenwasser und ist deutlich baumschonender.

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