Fermentieren: Eine alte Technik wird zum neuen Küchentrend
Eingemachtes ist absolut angesagt und die gute Nachricht ist: Man muss noch nicht einmal Selbstversorger sein, um das Gemüse für den Winter haltbar zu machen. Ein kleiner Einstieg ins Fermentieren.
Fermentieren ist eine altbewährte Möglichkeit, um Lebensmittel für einen langen Zeitraum haltbar zu machen. Warum es die Fermentation schon so lange gibt, lässt sich einfach erklären: Man braucht keine Elektrizität. Benötigt wird nur Obst oder Gemüse, ein paar Küchenhelfer (Gefäß, Messer, Hobel, Schneidebrett), Salz und ein bisschen Geduld: Auf der Schale von unbehandelten Lebensmitteln tummeln sich Bakterien, Pilze und Hefen. Diese Mikroorganismen werden unter bestimmten Bedingungen „aktiviert“ und arbeiten für uns.
Auch das in Deutschland so beliebte Sauerkraut ist fermentiert. Zwar hat man früher eher von „Milchsauer einlegen“ gesprochen, aber am Prozess selbst hat sich wenig geändert. Keine Sorge mit Milch hat das alles wenig zu tun, sondern vielmehr mit den Milchsäurebakterien, die den geschnittenen Weißkohl zu Sauerkraut „verarbeiten“. Milchsäurebakterien kommen auf natürliche Weise nahezu überall vor und sind die Grundlage für den Gärprozess beim Fermentieren. Man spricht deshalb auch von „wilder Fermentation“. Milchsäure ist übrigens vegan und hat nichts mit „echter“ Milch zu tun. Der Chemiker Carl Wilhelm Scheele († 21. Mai 1786) entdeckte die chemische Substanz 1780 zum ersten Mal in saurer Milch, daher der Name.

„Fermentieren ist für mich pure Kreativität und auch eine Art von kleinen Abenteuern im Alltag. Eher öde Lebensmittel mit Hilfe von unsichtbaren Mikroorganismen in spannende Aromabomben zu verwandeln, das wird nie langweilig. Gleichzeitig können wir damit saisonales Gemüse, Wildkräuter und Geschmäcker haltbar machen und lebendige, gesundheitsfördernde Lebensmittel zu uns nehmen.“
Victoria Lorenz „VILDVUCHS“
Bei der Milchsäuregärung verstoffwechseln die Bakterien die Kohlenhydrate des Gemüses und es entsteht Milchsäure. Diese Säure macht das Gemüse säuerlich und damit länger haltbar. Schimmel und andere krankmachende Bakterien können diesem sauren Milieu aber nichts abgewinnen und bleiben fern. Während des Gärprozesses wird das Gemüse quasi vorverdaut und damit für Menschen bekömmlicher. Und nicht zu verachten: Die Aromen, die durch die Fermentation entstehen, sind einzigartig und überraschend lecker.
Noch nicht überzeugt? Fermentierte Lebensmittel kommen ohne Zusatz- und Konservierungsstoffe aus. Auch für diejenigen, die bisher noch nicht so viel in der Küche selbst gemacht haben, ist Fermentieren ein schmackhaftes und erfolgversprechendes Abenteuer. Es gibt so viele verschiedene Rezeptideen und Ansätze, dass für jeden Geschmack etwas dabei ist.
Fermentierte Lebensmittel im Alltag
Findest du es merkwürdig, „vorverdaute“ Sachen zu essen, die tatsächlich auch noch gesund sein sollen? Ging uns auch so! Aber je mehr wir in die Fermentationswelt eingetaucht sind, umso mehr fielen uns im Alltag Lebensmittel auf, die an irgendeinem Punkt in der Produktion eine Fermentation durchlaufen haben: Joghurts zum Beispiel, diese werden aus verdickter Milch hergestellt, die mit Milchsäurebakterien versetzt sind. Das Sauerteigbrot wird nur so fluffig, weil die Mikroorganismen im Starterteig durch den Fermentierprozess aktiviert werden. Und nicht zu vergessen: Ohne Fermentation gäbe es weder Bier noch Wein. Oder trinkst du gerne schwarzen Tee? Dafür werden die Blätter der Teepflanze fermentiert.

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Dieses Gemüse eignet sich für die „wilde Fermentation“
Grundsätzlich kannst du jedes Gemüse fermentieren. Vor allem eignen sich aber Gemüsesorten, die etwas fester sind. Weiches Gemüse wird durch den hohen Wassergehalt beim Fermentieren sehr weich – das schmeckt nicht jedem. Es gibt zwei Methoden, die bei der wilden Fermentation eingesetzt werden:
1. Die Trockensalzmethode
Bei der Trockensalzmethode wird das Gemüse mit Salz einmassiert. Dadurch tritt Flüssigkeit aus und es entsteht eine Salzlake. Falls nicht genügend Flüssigkeit austritt, füllt man das Glas mit einer extra hergestellten Salzlake auf. Es ist wichtig, dass alles im Glas mit Flüssigkeit bedeckt ist, damit nichts schimmelt.
Diese Methode eignet sich für gehobeltes oder kleingeschnittenes Gemüse z. B. für verschiedene Kohlarten wie Weißkohl, Rotkohl und Blumenkohl, Wurzelgemüse wie Karotten, Pastinaken, Sellerie oder auch Kohlrabi.
2. Die Salzlakemethode
Bei dieser Methode stellt man selbst eine Salzlake in der im Rezept angegebenen Salzkonzentration her und bedeckt das Gemüse damit komplett. Diese Methode eignet sich für festeres oder nur grob geschnittenes Gemüse wie Karotten, Brokkoli, Blumenkohl, kleine Zwiebeln, Pastinaken oder auch Radieschen.
Das brauchst du wirklich zum Fermentieren
Fermentieren klappt auch in kleinen Haushalten. Dazu benötigst du gar nicht so viel und wahrscheinlich hast du einiges sogar schon zu Hause:
- Salz ohne Zusatzstoffe wie Fluor oder Jod. Es eignet sich z. B. ein grobes Meer- oder Steinsalz.
- Eine Waage, um das benötigte Salz genau abzuwiegen.
- Ein Schneidebrett, Messer und Hobel, um das Gemüse zu zerkleinern.
- Ein Gefäß mit Deckel, wie ein Glas mit Bügelverschluss- oder mit Gummiringen. Durch das Gummi gelangen Gase nach außen, aber es gelangt kein Sauerstoff in das Glas.
- Einen schweren Gegenstand, um eurer Ferment zu beschweren. Es gibt extra Fermentiergewichte aus Glas mit Griffen, aber ein Teller oder (ausgekochte) Steine sind auch möglich.
- Außerdem einen großen Stößel oder Löffel, zum Zusammendrücken der Lebensmittel im Glas. DIY-Tipp: ein altes Nudelholz, bei dem die Griffe abgeschraubt wurden.
Falls du dich aber noch mit passenden Gläsern, passgenauen Gewichten und mehr eindecken magst, haben wir hier auch zwei tolle Starter-Kits für dich im Shop:
Fermentieren: Einfache Rezepte für Einsteiger
Wer mit dem Fermentieren beginnt, der kann sich schnell in den schier endlosen Möglichkeiten verlieren. Dabei gibt es einige einfache Rezepte, die auch für Einsteiger schnell zu meistern sind. In den kommenden Wochen findest du auf wOnne.de Rezepte für:
- Fermentierte Mini-Tomaten
- Einfaches Kimchi
- Wasserkefir
- Fermentierter Hokkaido-Kürbis
Du hast keine Lust aufs Fermentieren? Kein Problem – wir haben auch Tipps für dich, welche Möglichkeiten es noch so gibt, um Lebensmittel haltbar zu machen.