Wenn aus Heimat Honig wird: Imkern in der Großstadt mit herr biene

Zehntausend Beschäftigte schuften pausenlos für Herrn Blumhagen. Eng an eng. Es herrscht eine strikte Hierarchie, jeder Vorgang ist präzise durchorganisiert. Unermüdlich und fokussiert arbeiten sie Tag für Tag: fleißige Honigbienen.

Autorin: Viktoria Lind (Feinschreiber)

Es ist ein verregneter Tag in einem Hamburger Industriegebiet. Kleine Pappkartons stapeln sich bis unter die Decke. Die Luft ist warm, es duftet nach frisch gemahlenem Kaffee gemischt mit dem süßlichen Geruch von Honig. Aus den Lautsprechern spielt leise Countrymusik, Etiketten und Packpapier rascheln vor sich hin. Zwischen den Kartontürmen steht Benedikt Blumhagen, der kreative Kopf hinter herr biene.

Aus Freunden werden Gründer: herr biene ist geboren

Gemeinsam mit Ingo Ketelsen hatte er die Idee, den Hamburger Honig abzufüllen und auf den Markt zu bringen. Die Bienenliebhaber lernten sich bei einem Imkerseminar kennen: „Wir hatten einen ähnlichen Heimweg und sind zusammen ein Stück mit dem Fahrrad gefahren“, sagt Blumhagen. Die gemeinsame Begeisterung für Bienen habe sie sofort verbunden. Im August 2018 wagten sie dann den Schritt und gründeten die herr biene GmbH.

Blumhagen bahnt sich einen Weg durch das Lager und betritt ein weiteres Zimmer: Büro, Aufenthaltsraum, Küche und Fotostudio in einem. Der Imker setzt sich und stellt seine Kaffeetasse auf den massiven Holztisch. Auf dem Emaille-Becher sind filigrane Zeichnungen winziger Bienen zu sehen, die emsig durcheinander schwirren. „Ich trinke meinen Kaffee immer mit einem Teelöffel Honig“, sagt Blumhagen, klimpert mit dem Löffel. Dass ihn die kleinen Insekten in jeder Sekunde begleiten, verrät ein Blick auf den Hintergrund seines Smartphones: Der Bildschirm leuchtet auf und zeigt das Muster goldener Honigwaben. Er beginnt zu erzählen.

Zwei Imker. Eine Vision.

Ihre Arbeitsplätze neben dem Startup behielten die beiden Gründer – vorerst: „Ich bin jeden Tag nach der Arbeit hergefahren und dann ging es bis tief in die Nacht“, erinnert er sich zurück. Kaum Freizeit. Kein Wochenende. Doch das Geschäft mit dem flüssigen Gold lief gut. So gut, dass sich Blumhagen letztlich dazu entschied, sich vollständig seiner Leidenschaft zu widmen. Zuvor arbeitete er für ein großes schwedisches Textilhandelsunternehmen. „Den Job hätte ich nicht bis zur Rente machen können“, sagt der Imker und lächelt zufrieden.

„Wenn ich bei den Bienen bin, ist es wie Runterkommen – der ganze Stress fällt von mir ab.“

Als er beginnt, von den Bienen zu berichten, blitzt es hinter der runden Brille kurz in seinen Augen auf: „Wenn ich bei den Bienen bin, ist es wie Runterkommen – der ganze Stress fällt von mir ab.“ Sobald Blumhagen nach seinen Honigbienen schaut, umgibt ihn dieses angenehme Summen der eifrigen Arbeiterinnen, sagt er. Etwas Abstand vom Alltag, ein Stück Erholung.

Herr Biene
Benedikt Blumhagen von herr biene. © Timo Jaworr

Von fast fashion zu slow food

Der Imker erzählt weiter vom Summen und Surren, vom bunten Treiben in den Bienenstöcken. Mit seinen Händen malt er Bilder in die Luft und langsam wird klar, dass Blumhagen seinen Platz gefunden hat.

Schon als Kind begeisterte sich der Startup-Gründer für die Natur – und seine kleinen Bewohner. Vor allem die Faszination für Bienen wuchs immer weiter, bis er sich schließlich entschied, Imker zu werden. Seine Passion.

Je nach Größe umfasst ein Bienenvolk ungefähr 50.000 Insekten. Morgens und abends tummeln sich die meisten von ihnen im Stock. „Dann merkt man erst, wie viele es eigentlich sind“, sagt Blumhagen. Die fleißigen Tierchen verteilen sich auf die Hamburger Stadtteile Eppendorf, Groß Borstel und Eimsbüttel. Sogar auf dem Dach eines Hausbootes sind die Bienen Zuhause.

Graue Großstadt? Hamburg ist grün

Viele Lindenbäume, verschiedene Blumenarten in Parks, Kleingärten, auf Friedhöfen und Balkonen sorgen jedes Jahr für eine abwechslungsreiche Honigernte. Gerade das macht den Hamburger Honig so besonders: Durch diese Blütenvielfalt und wechselndes Wetter unterscheiden sich Konsistenz, Duft, Geschmack und Farbe jedes Jahr. So wird das Großstadt-Gold zum Unikat.

Bei herr biene trifft traditionelles Imkerhandwerk auf urbanen Lebensstil und Nachhaltigkeit. Die Schachteln und Etiketten bestehen aus Graspapier, einem nachwachsenden Rohstoff, der eine plastikfreie Verpackung ermöglicht.

„Das Ganze war ein Prozess“, sagt Blumhagen stolz. So tüftelten die Bienenzüchter lange Zeit an den Verpackungsmaterialien und Rezepturen der Produkte. Dabei entstand nicht nur hochwertiger Stadthonig, sondern zudem die Idee, Honigpralinen und -likör zu produzieren.

Die handgefertigten Süßigkeiten kommen ohne raffinierten Zucker aus. Allein der pure Honig sorgt für eine angenehme Süße. Im Zusammenspiel mit Haselnussmark, Minzöl oder Zimt entstehen schließlich feine Geschmackskompositionen. Auch andere Köstlichkeiten, wie Honigbonbons oder -senf und viele weitere Artikel rund um die Biene, vertreiben die Imker in ihrem Online-Shop sowie in ausgewählten Feinkostläden.

Es ist viel Herzblut geflossen, doch Blumhagen würde sich immer wieder in dieses Abenteuer stürzen. „Am Ende hat es sich doch gelohnt. Man macht das dann ja auch immer für sich“, sagt er und trinkt einen Schluck heißen Honigkaffee. während seine fleißigen Mitarbeiterinnen westlich der Alster bereits an der nächsten Leckerei arbeiten.

Hier findest du herr biene online:

  1. Webseite
  2. Instagram: @herrbiene