Second-Hand-Mode: Neue Klamotten ohne schlechtes Gewissen

Die Textilindustrie gehört zu den größten Umweltsündern. Aber Klamotten machen Spaß! Die Alternative heißt Second-Hand-Mode – wo finden wir die besten Teile?

Samstag, ein trüber Februarmorgen: Ich stehe eingeklemmt zwischen jungen Frauen auf dem Alexanderplatz in Berlin und puste mir auf die kalten Finger, während gerade die Türen des Billigklamotten-Ladens öffnen. Schon stürmen alle zwischen die endlosen Stangen voller kunterbunter T-Shirts und Hosen, Röcke und Mäntel – viele von uns werden wenig später mit einem ganzen Sack neuer Kleidung aus dem Geschäft stiefeln.

Fünf Jahre ist es nun her, dass ich mich zuletzt an einem solchen Spektakel beteiligt habe. Nur der Gedanke daran lässt mich jetzt erschauern. Und das obwohl ich Mode immer noch liebe – oder vielleicht gerade deswegen.

Heute will ich dir erklären, was Fast Fashion ist und warum sie so unendlich schädlich ist. Außerdem soll es darum gehen, warum Second-Hand-Mode meiner Meinung nach die beste Alternative ist und wo du auf jeden Fall fündig wirst!

Müll, Chemie und CO2: Fast Fashion – eine Definition

Fast Fashion ist ein Problem, das von Social-Media-Plattformen noch befeuert wird. Hier sehen wir Influencerinnen, die nicht nur säckeweise, sondern ganze LKW-Ladungen voller Kleidung in 30 Sekunden anprobieren, dann noch ein solches Video, und noch eins und noch eins. Also wäre es normal, jeden Tag etwas anderes zu tragen.

„Billige, schnell und in großen Massen produzierte Mode, um den neuesten Trends zu entsprechen.“

So lautet die Definition von Fast Fashion. In den letzten 30 Jahren ist der Markt dafür explodiert – und er wächst. Die katastrophalen Folgen dieser Entwicklung können wir gar nicht oft genug aufzeigen:

Die Produktion der Kleidung setzt zunächst mal Treibhausgase frei. Ein Großteil der hergestellten Sachen besteht aus Polyester, ein Stoff, den man aus der fossilen Ressource Erdöl gewinnt und am Ende des Tages nichts anderes als Plastik ist. Werden Naturfasern verwendet, ist das in der Regel Baumwolle, die unter starkem Wasserverbrauch und hohem Pestizideinsatz angebaut wird. Oft kommen auch Mischfasern vor, die beinahe unmöglich zu recyclen sind. Die Wiederverwertung von Polyester ist zwar theoretisch möglich, aber kosten- und energieintensiv, daher passiert das nur selten. Zum Färben und Bleichen setzt die Industrie schädliche Chemikalien ein, die ungefiltert in die Flüsse gelangen.

Die produzierenden Länder wie Bangladesch, Indien oder China sind nicht gerade arbeitnehmerfreundlich. Die Textilwerkerinnen und -werker sind den besagten Chemikalien direkt ausgesetzt. Die Löhne sind niedrig, die Schichten lang. Urlaub oder Krankentage gibt es nicht, vertragliche Sicherheiten ebenso wenig. Ausbeutung ist an der Tagesordnung, Kinderarbeit keine Seltenheit.

Diese Zustände sind uns wohlbekannt – und doch kaufen wir immer mehr. Auch für uns Verbrauchende hat Fast Fashion fast nur Nachteile. Durch wöchentlich erscheinende Kollektionen steigt der Druck, „up to fashion“ zu bleiben. Die Qualität der Kleidung ist meist minderwertig. Unter Polyester schwitzen und stinken wir schnell, beim Wäschewaschen wird Mikroplastik freigesetzt. Die billigsten Sachen gehen außerdem schnell kaputt, werden löchrig oder reißen entlang einer Naht einfach auf.

Oft kaufen wir zu viel: Wir können es ja zurückschicken. Oder wir vergessen die Teile im Schrank. Die Wegwerf-Mentalität der westlichen Welt tut dann ihr Übriges – in Südamerika oder Afrika stapeln sich unsere aussortierten, zweimal getragenen T-Shirts auf Mülldeponien.

Fair Fashion: ein guter Ansatz, kein Allheilmittel

Trotz all dieser Fakten ist Kleidung für mich Teil meines individuellen Ausdrucks. Eine Lösungsansatz bietet faire Mode von Herstellern, die ökologisch und sozial verträglich produzieren. Greenwashing durch dubiose Unternehmen untergräbt leider die Glaubwürdigkeit von echter Fair Fashion. Einen Überblick über die Qualität von Siegeln bietet immerhin die Seite siegelklarheit.de.

Second-Hand-Mode: Frau in nachhaltigem Laden bietet Kunden Kleidung an
Fair Fashion, die es im Internet oder in spezialisierten Läden gibt, ist besser als Fast Fashion. © Roman / stock.adobe.com

Außerdem ist Fair Fashion teuer – eine der wenigen Vorteile von Billigketten ist, dass sich jeder Mode leisten kann. Das nachhaltigste Produkt ist nach wie vor dasjenige, das wir nicht gekauft haben. Drum ist Minimalismus im Kleiderschrank gefragt – ehrlich gesagt besitzen doch alle zu viel. Eine Frage, die sich jeder stellen kann, ist: „Worin fühle ich mich wirklich wohl?“ Aus den eigenen Wohlfühlteilen können wir dann einen Stil ableiten, der uns von der Allgemeinheit abhebt, ohne jede Woche neue Sachen zu kaufen.

Den eigenen Stil zu finden ist natürlich kein leichtes Unterfangen. Und Mode-Trends machen Spaß. Vielleicht können aber wir, statt die neue „Ninetys“-Kollektion abzustauben, schauen, ob wir nicht ein echtes 90er-Jahre-Teil in einem Second-Hand-Laden finden.

Diese Vorteile bietet Second-Hand-Mode

Besonders beliebt ist das Second-Hand-Shopping übrigens bei den Generationen Y und Z. Die wichtigsten Gründe dafür sind Sparsamkeit und Umweltbewusstsein. Gebrauchte Kleidung ist, egal wo du sie beziehst, günstiger. Dadurch können wir uns vielleicht mal ein Teil von einer besonderen Marke leisten, die sonst nie erschwinglich wäre. Auch für Studierende, Auszubildende und Menschen mit wenig Geld wirkt sich dieser Faktor von Second-Hand-Mode sehr positiv aus. Für mich fällt der Nachhaltigkeitsfaktor noch mehr ins Gewicht – die Kleidungsstücke sind schon da und kreieren so keine neue Nachfrage. So können wir in Zukunft auf eine Kreislaufwirtschaft hinarbeiten, in der wir alles wiederverwerten.

Das Einkaufserlebnis spielt für viele Konsumierende ebenso eine wichtige Rolle: Beim Second-Hand-Shoppen gehört das Stöbern dazu. Auf den Stangen voller unterschiedlicher Sachen findest du oft einzigartige Teile, die sonst niemand hat! So gibt uns das neue Kleidungsstück auf ganz unterschiedliche Arten ein gutes Gefühl.

Hier kannst du Second Hand Mode kaufen

Second-Hand-Mode offline kaufen

Wo man am liebsten nach Second-Hand-Mode sucht, ist Geschmackssache. Im Internet oder vor Ort, beides hat seine Vor- und Nachteile. Persönlich gehe ich am liebsten auf Flohmärkte, um nach allen möglichen gebrauchten Sachen zu suchen. Hier machst du oft die besten Schnäppchen. In vielen kleinen und großen Städten gibt es regelmäßig reine Kleider-Flohmärkte, typischerweise als „Mädelsflohmärkte“ vermarktet. Richtige Events sind Vinokilo-Veranstaltungen, wo du die erstandene Mode nach Kilopreis bezahlst. Bei Flohmärkten aller Art ist aber Geduld gefragt: Mal findest du drei neue Lieblingsteile, ein anderes Mal nichts.

In allen Städten gibt es außerdem Second-Hand-Läden, viele davon spezialisiert auf Mode. Die Bandbreite reicht hier von Wohltätigkeitsorganisationen wie Oxfam oder dem Roten Kreuz bis hin zu schicken Vintage-Boutiquen oder Marken-Second-Hand-Läden.

Vielleicht haben deine Freundinnen und Freunde Lust auf eine Kleidertauschparty. Je mehr Leute du einlädst, desto größer wird die Auswahl und jeder wird fündig. Sonst findest du bei kleidertausch.de öffentliche Veranstaltungen in deiner Nähe. Der größte Vorteil vom Second-Hand-Mode aus dem „Reallife“ ist, dass du sie anprobieren und eventuelle Macken wie Löcher oder Flecken direkt sehen kannst.

Second-Hand-Mode im Internet kaufen

Bei ebay-Kleinanzeigen wirst du bei Kleidung oft fündig, wenn du gezielt nach einem Teil wie einem Wintermantel oder einer Skihose suchst. Second-Hand-Portale wie Mädchenflohmarkt oder Vinted bieten eine riesige Auswahl und laden zum Scrollen und Stöbern ein. Allerdings solltest du ein bisschen vorsichtig sein, weil es hier immer mal wieder zu Betrugsfällen kommt. Auch passende Facebook-Gruppen bieten sich zum Tauschen, Verkaufen und Kaufen an. Einige Webseiten wie Vestiaire haben sich eigens auf den Weiterverkauf von teuren Marken spezialisiert.

Tipps fürs Shopping bei Second-Hand-Mode

Obwohl Kleidung aus zweiter Hand auf jeden Fall schon mal nachhaltiger ist als neue Sachen, solltest du dennoch auf ein paar Kleinigkeiten achten. Mangelhaft produzierte Fast Fashion zu kaufen, ist auch Second-Hand keine gute Idee – sie werden wahrscheinlich nicht lange halten. Kaufe bevorzugt hochwertig produzierte Ware aus nachhaltigen Stoffen. Das müssen nicht nur Markensachen sein – Tipps zum Erkennen von guter Qualität findest du hier.

Wenn dir ein Stück nicht passt, heißt das nicht, dass du es nicht kaufen solltest. Vielleicht kann jemand aus deinem Freundeskreis nähen und dir beim Ändern helfen. Sonst bring es doch in die Schneiderei oder probiere dich selbst im Upcycling aus! Such dir außerdem Sachen aus, die dir wirklich gefallen und zu den Teilen passen, die schon in deinem Kleiderschrank hängen – Spontankäufe könnten wieder im Regal verstauben. Dann kannst du es aber immerhin aussortieren und weiterverkaufen. Eine letzte Sache noch: Kauf lieber das, was du brauchst. Fehlt deiner Garderobe ein Regenmantel, dann halte dich nicht mit Sommerkleidern auf 😊

Gefällt dir etwa der Schnitt eines gebrauchten Blazers nicht, kannst du ihn in der Schneiderei ändern lassen. © SPASKOV.COM / stock.adobe.com

Bekleidungskonzerne haben die Bedürfnisse der in den Markt drängenden Generation Z verstanden – Second Hand ist ein wichtiger Teil des Geschäfts geworden. Einige Plattformen bieten deshalb neben neuen Sachen auch gebrauchte an. Sie kaufen die alten Sachen der Kunden auf und kümmern sich um den Weiterverkauf – das ist erstmal besonders bequem für die User. Jedoch bekommt man den Erlös für die Gebrauchtwaren teilweise nur in Shopping-Gutscheinen erstattet. So bewirkt das Geschäft mit der Second-Hand-Mode doch wieder mehr Konsum; vom nachhaltigen Prinzip bleibt nicht allzu viel übrig.

Lerne, deine Klamotten zu reparieren!

Eine eingerissene Naht, ein kleines Loch an der Achsel, ein abgefallener Knopf – offen und ehrlich, würdest du die Klamotten deshalb schon aussortieren? Hoffentlich nicht! Auf YouTube findest du zu jedem Problem das passende Tutorial – ich habe mit meiner eigenen Nähmaschine, diversen Blogs und Videos sogar gelernt, meine Klamotten selber zu nähen.

Das muss natürlich keiner, jedoch sollte das Reparieren aller möglichen Dinge dringend wieder Teil unseres Alltags werden. Und wer nicht alles reparieren lassen muss, sondern es selber machen kann, spart wieder mal bares Geld 😉