Pflanzen-Samenbank: So sichern wir uns gegen Hungerkrisen ab

In einem Bunker in Norwegen wurde eine Pflanzen-Samenbank geschaffen und sicher aufbewahrt. Die Idee wurde bereits im Kleinen für mehr Biodiversität adaptiert.

Ohne Pflanzen und ihre besondere Aufgabe im Ökosystem würde es um uns Menschen ziemlich schlecht stehen. Bäume, Büsche, Gräser, Blumen und alles, was die Natur an Grün zu bieten hat, ist überlebenswichtig für uns. Das liegt zum einen an unserer Sauerstoffversorgung, die die Pflanzen mit ihrer Photosynthese sicherstellen. Zum anderen sind Pflanzen eine wichtige Nahrungsquelle. Und zwar nicht nur für uns, auch um viele Tiere stünde es ohne Pflanzen schlecht.

Doch was passiert, wenn die Artenvielfalt immer geringer wird und nur einige wenige Pflanzen übrigbleiben? Das ist leider keine Science-Fiction-Idee, sondern bereits Realität. Die Biodiversität geht zurück und damit auch die Pflanzenvielfalt. Damit wir Menschen nicht irgendwann in Bedrängnis kommen und eine Hungersnot droht, gibt es sogenannte Pflanzen-Samenbanken. Unscheinbare Orte, die umso größere Bedeutung haben.

Pflanzen-Samenbank: Das ist die Aufgabe des „Global Seed Vault“

Auf der norwegischen Inselgruppe Spitzbergen, weit draußen im arktischen Eismeer, ragt ein großer, rechteckiger Betonblock aus dem eingeschneiten Felsen. Es ist der Eingang zum „Global Seed Vault“, dem größten Pflanzen-Samenbunker der Welt. Hier lagern seit 2007, gut geschützt im Inneren eines Berges, die Samen aller verfügbaren Fruchtpflanzen der Welt. Bei minus 18 Grad Celsius reiht sich im Herzen des Bunkers Regal an Regal, insgesamt liegen dort über 850.000 Samensorten.

Der Gedanke dieses besonderen Ortes ist simpel: Die Pflanzen-Samenbank ist eine Absicherung für die Menschheit gegen den immer deutlicher spürbaren Klimawandel. Da die Weltbevölkerung in den kommenden Jahrzehnten laut Prognosen noch mal deutlich anwachsen wird, rückt auch die Versorgung dieser Menschen mit Blick auf Hitzewellen, Überschwemmungen oder anderen extremen Wetterlagen immer mehr in den Fokus. Im „Global Seed Vault“ lagern daher nur Samen, die für eine nachhaltige Landwirtschaft wichtig sind oder die weltweite Ernährung sicherstellen können. Nur so, sagen Forschende, hat die Landwirtschaft dauerhaft Zugriff auf Samen, aus denen sie neue Pflanzen züchten können. Pflanzen, die Wetterextremen standhalten und sich gut auf wenig Platz vermehren lassen. Mit der Pflanzen-Samenbank versuchen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die Menschheit vor einer Hungerkatastrophe zu retten.

Pflanzen-Samenbank: Auch der Bunker ist bedroht

Hinter der Pflanzen-Samenbank auf Spitzbergen steckt der Welttreuhandfonds für Kulturpflanzenvielfalt. Er hat sich den Schutz der Artenvielfalt von Kulturpflanzen zur Aufgabe gemacht und setzt sich mit weltweiten Projekten dafür ein. Damit will der Fonds auf die Herausforderungen aufgrund des voranschreitenden Klimawandels reagieren. Selbst auf Spitzbergen bekommen die Forschenden den schon zu spüren.

Der Pflanzen-Bunker, der extra tief in den Berg eingelassen ist, um vor Wärme oder Krieg geschützt zu sein, hatte 2017 mit Schmelzwasser zu kämpfen. Normalerweise ist die Pflanzen-Samenbank von Permafrost umgeben. Bei Permafrost klettert die Temperatur des Untergrunds nicht über null Grad Celsius. 2017 sah das allerdings anders aus und der erwärmte Boden ließ den auf ihm liegenden Schnee schmelzen. Beim Errichten der Samenbank waren die Konstrukteure jedoch davon ausgegangen, dass der Permafrost beständig sei. Es gab keine Schutzmechanismen, um den Bunker vor eindringendem Wasser zu schützen, sodass das Schmelzwasser sich seinen Weg ins Innere suchen konnte.

Glücklicherweise konnten die Betreiber das Saatgut retten, bis ins Herz des „Global Seed Vault“ kam das Schmelzwasser nicht. Die Pflanzen-Samenbank wurde ausgebessert und nach zwei Jahren wieder geöffnet.

Pflanzen-Samenbank: Das leisten Saatgut-Bibliotheken

Die große Pflanzen-Samenbank ist wichtig, doch auch im Kleinen und Privaten kannst du dir die Idee zu Nutzen machen. Denn einen Balkon jedes Jahr mit fertig groß gezogenen Pflanzen auszustatten, kann auf Dauer ganz schön teuer werden. Außerdem fühlt es sich viel schöner an, das eigene Grün vom Samen auf an zu begleiten und heranwachsen zu sehen. Wenn du nicht noch Saatgut vom vergangenen Jahr hast, dann könnte ein Besuch bei einer Saatgut-Bibliothek etwas für dich sein!

Die Biodiversität nimmt immer weiter ab: Wir brauchen mehr Taum für Natur – auch in der Stadt. © laurencesoulez – stock.adobe.com

Eine Saatgut-Bibliothek teilt sich mit der Pflanzen-Samenbank den Grundgedanken: Samen zu verwahren, bis sie gebraucht werden und damit die Artenvielfalt zu schützen. Die Idee einer Saatgut-Bibliothek stammt ursprünglich aus den USA, wo Bibliotheken begannen, Saatgut kostenlos an Menschen auszuleihen. Wichtig dabei ist, dass das Saatgut folgende Eigenschaften erfüllt:

  • es muss samenfest sein
  • es muss von einer gentechnikfreien Pflanze stammen

Holst du dir in der Saatgut-Bibliothek Samen, züchtest du sie auf deinem Balkon zu Pflanzen heran. Im Herbst erntest du dann aus den Blüten wieder das Saatgut und bringst es der Bibliothek zurück. Dann gibt es neue Samen, die andere Menschen auf ihren Balkonen oder im Garten heranziehen können.

Pflanzen-Samenbank: Diese Saatgut-Bibliotheken gibt es in Deutschland

Die Idee aus den USA ist mittlerweile auch in Deutschland angekommen. In Niedersachsen haben sich beispielsweise Studierende von der Universität Lüneburg zusammengetan und eine Saatgut-Bibliothek auf die Beine gestellt. Dafür haben sie verschiedene Bibliotheken aus dem Landkreis Lüneburg ins Boot geholt und sie mit einem Grundstock an Saatgut versorgt. Daneben haben sie eine Homepage für die Saatgut-Bibliothek aufgebaut, auf der erklärt ist, wie das Konzept funktioniert. Die Studierenden haben es dabei aber nicht belassen, sondern geben dir auf der Seite noch Tipps, wie du die Samen am besten miteinander kombinierst.

Mittlerweile sind Saatgut-Bibliotheken auch auf Rädern unterwegs. In Schleswig-Holstein kannst du dir das Saatgut auch in Bücherbussen ausleihen. Das Praktische dabei: Du kannst dir direkt das passende Buch zu deinen Pflanzen ausleihen. Während die Samen also auf deinem Balkon munter austreiben, kannst du dich mit einer kalten Limonade auf deinen Gartenstuhl setzen und in Ruhe lesen, mit welchen Tricks du deine Pflanzen beim Wachsen noch unterstützen kannst.

Die Idee, Saatgut aufzubewahren und weiterzugeben, lohnt sich also nicht nur im Kampf gegen Hungerkrisen. Sowohl Pflanzen-Samenbanken als auch Saatgut-Bibliotheken helfen dabei, die Samendiversität aufrechtzuerhalten und ist dabei eines von zahlreichen Urban Gardening-Aktivitäten, die auch in urbanen Räumen angewandt werden können.