Unterwegs mit dem Camper-Van: Wenn der Weg das Ziel ist

Seit gut drei Jahren fahren mein Freund und ich nur noch mit dem Van in den Urlaub. Keine Hotels, keine Flugreisen und trotzdem jede Menge Eindrücke. Für uns ist das aktuell die angenehmste Art, die Welt zu erkunden. Wieso wir das überhaupt so machen, liest du hier.

Urlaub im Camper? Für mich war das bis vor einigen Jahren keine Option. Besser gesagt kam ich einfach nicht auf die Idee. Mit meinen Eltern war ich immer in Hotels, weil meine Mama laut eigener Aussage nicht auch noch im Urlaub selbst putzen und kochen wollte. Ich hatte daran nie etwas auszusetzen. Ich mag es zu fliegen, an einen reichhaltig gedeckten Tisch zu kommen und erst recht mag ich es, wenn man sich um nichts kümmern muss.

Mit dem Van verreisen: Mann mit Rucksack an Steilküste
Wenn es uns irgendwo gefällt, können wir einfach bleiben.© Eva Goldschald

Erst vor knapp dreieinhalb Jahren hatte ich Lust auf Vanlife. Ich möchte an dieser Stelle nicht leugnen, dass das etwas mit dem Hype auf Instagram zu tun hatte. 😃 Schließlich wirkt Vanlife dort wie das Nonplusultra. Total romantisch, frei und ohne Probleme.

Unterwegs mit dem Van: Wir sind nicht die einzigen

Während ich 2019 quasi ein Neuling auf diesem Gebiet war, hatte mein Freund schon Campingerfahrung gesammelt. Mit seinem T4 und einem Freund reiste er damals vier Wochen durch Spanien und Frankreich. Und natürlich sind wir nicht die Einzigen, die sich für diese Art zu reisen entschieden haben. Manch einer ahnt es schon oder hat es sogar selbst erlebt, dass der Campingtourismus während Corona einen ziemlichen Boom erfahren hat. Kein Wunder, immerhin reist man mit dem Van auch in ungewissen Zeiten recht komfortabel, hat immer einen sicheren Schlafplatz und kann bleiben, wo immer man möchte. Laut Statista sagen rund 10,68 Millionen Menschen in Deutschland, dass sie zumindest ab und zu campen. Allerdings gibt es beim Campen an sich ziemliche Unterschiede.

Unterwegs mit dem Van: Luxusausstattung oder doch nur das Nötigste?

Wie bei allem geht es auch beim Vanlife höher, schneller, weiter. Während manche einfach auf Luftmatratzen im Auto schlafen, fahren andere mit mobilen Luxuswohnungen umher. Ich glaube, wir befinden uns irgendwo mittendrin. Im Auto so ganz ohne richtiges Bett, wenig Stauraum oder ohne Küche wäre nichts für mich, zumindest nicht, wenn ich über Wochen und bei jedem Wetter unterwegs bin. Wenn es warm ist und nur die Sonne scheint, halte ich es allerdings ziemlich gut ohne diesen ganzen Komfort aus. Ein voll ausgestattetes Luxusmobil hat für mich mit Campen und Naturnähe ohnehin nichts zu tun. Man erreicht damit ziemlich schlecht abgelegene Plätze. Davon abgesehen könnte ich es mir sowieso nicht leisten.

Camper Van von Außen
Obwohl wir mit dem neuen Van ein ziemliches Upgrade haben, genug Platz für alles ist nie. Vor dem Urlaub haben wir Klamotten und allerlei Sachen ziemlich reduziert. © Eva Goldschald

Was ist also Vanlife für mich? Ich würde sagen, es ist lockeres Reisen mit etwas Komfort, viel Improvisation und ganz viel Lerneffekt. Immerhin wird man mit jeder Reise routinierter. Unser erster Van war ein Fiat Doblo mit langem Radstand. Also eine Art Caddy. Darin war ein großes Bett, viel Stauraum und eine ausziehbare Küche. Für Trips in den Süden das perfekte Auto, mit dem man auch an den schönsten Orten parken kann, ohne sich über Höhenbegrenzungen Sorgen zu machen.

Für unseren Plan zwei Monate durch England und Schottland zu fahren, reichte das Auto allerdings nicht. Also bauten wir, mal mehr und irgendwann sehr wenig motiviert innerhalb von drei Monaten einen Opel Vivaro mit Stehhöhe zum Camper um. Licht, fließend Wasser, eine richtige Küchenzeile, Strom und eine Heizung befinden sich nun darin. Für uns ein echter Fortschritt im Vergleich zu vorher.

Unterwegs mit dem Van: Wieso machen wir das eigentlich?

Vanlife, das hört sich immer so superromantisch an. Und tatsächlich ist es das auch oft. Aber eben nicht immer. Manchmal steht man auf einem richtig hässlichen Beton-Parkplatz, manchmal nervt es, wenn einer noch schläft und der andere sich bewegen will, manchmal kann man nicht schlafen, weil es drinnen viel zu heiß ist. Meistens aber ist es einfach nur richtig cool. Das liegt zum Beispiel an folgenden Dingen.

Vanlife, das hört sich immer so superromantisch an. Und tatsächlich ist es das auch oft. Aber eben nicht immer. © Eva Goldschald
  1. So lange bleiben, wie man will: Während viele Freunde und Familie ihre Urlaube meistens noch im Voraus buchen und planen, suchen wir uns meistens ein grobes Ziel und fahren los. Klar haben wir einen Zeitraum, in dem wir Urlaub machen, aber eben keinen richtigen Reiseplan. Wenn es uns irgendwo gefällt, können wir einfach bleiben. Und das solange wir wollen. Ich hätte keine Lust mehr, für eine Woche ein Hotel zu buchen. Würde es mir nicht gefallen, müsste ich trotzdem bleiben. Schließlich habe ich es ja bezahlt. Mal eben woanders hinfliegen wäre schwierig. Beim Campen kann man hingegen immer kommen und gehen, wann man will. Vorausgesetzt natürlich, man hat nichts gebucht.
  2. Mobil und ungebunden sein: Losfahren ist hier das Stichwort. Ist man mit dem Flugzeug unterwegs, muss man sich vor Ort Auto, Roller oder Rad leihen. Wir haben bis auf einen Roller immer alles dabei. Daher können wir einfach immer los, wann wir wollen.
  3. Minimalismus am Vormarsch: Obwohl wir mit dem neuen Van ein ziemliches Upgrade haben, genug Platz für alles ist nie. Vor dem Urlaub haben wir Klamotten und allerlei Sachen ziemlich reduziert. Da wir unsere Wohnung für zwei Monate untervermietet haben, mussten wir alle persönlichen Sachen auf den Dachboden verfrachten. Im Nachhinein ein echt befreiendes Gefühl. Eben nur das dabei zu haben, was man braucht. Bis jetzt vermisse ich nichts davon.
  4. Handwerk verbessern: Klingt vielleicht komisch, aber wer selbst einen Van ausbaut, der bringt sich viel selbst bei. Wie passt die Küchenkonstruktion am besten? Wie hält der Schrank unterm Fahren? Wie verstaut man so, dass nichts durch das Auto purzelt? Dank YouTube und auch durch meinen Freund konnte ich meine handwerklichen Fähigkeiten und das logische Denken ziemlich verbessern.
  5. Wertschätzung von banalen Dingen: Gibt es irgendwo eine warme Dusche? Wie viel Wasser ist noch im Tank? Kleine Dinge, über die man sich zu Hause keine Gedanken machen muss, werden plötzlich essenziell. Noch nie habe ich mich so auf eine warme Dusche gefreut wie nach drei Tagen Freistehen. Ich finde, man schätzt einfache Dinge so viel mehr.

Unterwegs mit dem Van: Was man zwischen der ganzen Romantik vergisst

Das klingt alles einfach wunderbar, oder? Ist es auch meistens. Wären da nicht die Dinge, die viele Vanlifer zwischen ihren ganzen Instagramposts nicht verraten: Manchmal nervt das Leben im Auto richtig, weil:

  • Man unglaublich viel Zeit auf sehr engem Raum verbringt. Bei uns sind es etwa drei Quadratmeter.
  • Man natürlich recht wenig Privatsphäre hat, außer einer geht mal joggen oder liest in Ruhe. Ausflüge macht man ja doch meistens gemeinsam.
  • Es nervt, wenn man nicht mehr Zähneputzen kann, weil das Wasser aus ist.
  • Man sich seine Nachbarn nicht wirklich aus Chen kann. Egal ob am Campingplatz oder am freien Parkplatz, neben den vielen netten Leuten trifft man natürlich auch auf weniger angenehme Personen. Wenn die dann noch neben dem Auto laut Musik machen oder deren Kinder die ganze Nacht schreien, wünscht man sich den Stellplatz in der Wildnis zurück.
  • Man mal muss. Vor der Reise haben wir uns geschworen, nie voreinander auf die Toilette zu gehen. Am ersten Morgen im Van war dieser Kodex gebrochen. Wir standen auf einem öffentlichen Parkplatz mit vielen anderen Campern. Ich musste so dringend, dass ich mich kaum aus dem Bett bewegen konnte. Also quetschte ich mich zwischen Bett und Küchenzeile durch, rutschte auf Knien zum Schrank mit der Trockentrenntoilette und versuchte so leise wie möglich mein Geschäft zu verrichten. Natürlich blieb das nicht ganz unbemerkt, nicht nur wegen der Geräusche, sondern auch wegen des Geruchs. Zumindest kennen wir uns jetzt als Paar noch besser

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