Der Mond im März: Der Lenzmond – Aufgewacht!

Wer sagt mir eigentlich, dass Frühling ist? Der Kalender? Die Schmetterlinge im Bauch? Oder die Natur um mich herum? Im März zahlt sich Achtsamkeit sich selbst und der Natur gegenüber besonders aus, denn der Lenzmond markiert eine wichtige Übergangsphase vom Innen ins Außen.

Nachts hat der Schneesturm an den Fensterläden gerüttelt, die Welt ist wieder weiß. Wie so oft in den letzten Wochen, nachdem die Wiesen schon fast grün waren und ich die Eisplatten in der Hofeinfahrt zerhackt habe – immer frohen Mutes, dem Winter jetzt endlich den Garaus gemacht zu haben. Mein Glaube ist ungefähr so unerschütterlich wie die Amsel, die seit wenigen Wochen allmorgendlich ihr Lied in der Weide vor unserem Schlafzimmer singt. Genauso unerschütterlich wie die Stare, die sich seit Mitte Februar um Punkt vier Uhr nachmittags auf der Hoflinde zum Ratschen treffen. Und so unerschütterlich wie die Meisen, die als erste Vögel die Winterstarre abgeschüttelt haben und seither lautstark unsere winterträgen Katzen verspotten. Inzwischen sind wir richtig viele geworden, die sich die Schnapsidee mit dem nahenden Frühling partout nicht mehr ausreden lassen wollen. Egal ob es regnet, stürmt, schneit oder die Sonne scheint.

Mond im März
Ein geflügelter Frühlingsbote, ein Star, hält ein Schwätzchen mit dem Mond. © Dagmar Steigenberger

Das Sonnenlicht ist der Frühlingswecker

Was sind eure untrüglichen Zeichen dafür, dass der Frühling beginnt? Unser Körper nutzt so viele Informationen, die uns oft gar nicht direkt bewusst sind. Beispielsweise das ganz besondere Licht, das vom grell-kalten Schneeblind des Februars nun in ein kraftvolles Bunt übergeht. Von daher ist es also doch nicht ganz egal, ob zum Lenzmond – wie der März früher auch genannt wurde – die Sonne scheint.

Auf ihrem täglichen Weg über den Horizont gewinnt sie jetzt so schnell wie sonst nie an Höhe. Damit verschiebt sich die Qualität der Lichtwellen, die bei uns auf der Erde ankommen, vom langwelligen Rot des Winters hin zum kurzwelligen Blau: Das grelle Leuchten im Frühling stimuliert die Hormone und den Stoffwechsel und vertreibt die Müdigkeit. Alles Lebendige erkennt dieses Licht und schaltet mit ihm auf Frühling! Unsere Stimmung reagiert mit Freude, Erleichterung und frischer Kraft. Wer auf sein Inneres lauscht, wird wohl auch an diesen Signalen erkennen, dass das Ende des Winters naht.

Der Lenzmond: Schwelle zwischen Innen- und Außenwelt

Der Lenzmond, dessen Vollmond dieses Jahr am 18.3. beinahe mit dem astronomischen Frühlingsbeginn zusammenfällt, markiert die Grenze zwischen Innen und Außen. Der Tag dauert jetzt endlich wieder so lang wie die Nacht – und wird der Nacht bald noch viel mehr Zeit abluchsen. Haben wir uns während des Winters in die eigenen vier Wände zurückgezogen und uns dort zwangsläufig viel mit uns selbst beschäftigt, lockt uns nun das Licht und die Wärme wieder nach draußen. In die Natur, zu anderen Menschen! Unsere Sinne weiten sich, der Winterschlaf ist vorbei. Würde man den Jahreszyklus mit einem Tageszyklus vergleichen, wäre der März das Dösen und Sinnieren im Halbschlaf kurz vor dem endgültigen Aufstehen am Morgen.

Ich muss gestehen, ich bin ein Morgenmuffel. Als Schulkind habe ich meinen Wecker immer so knapp wie möglich gestellt: eine halbe Stunde vom Aufstehen bis zum Verlassen des Hauses, Frühstück wurde wegrationalisiert. Heute genieße ich das Dösen und Sinnieren nach dem Weckerklingeln. Eine gute Viertelstunde Zeit, in der ich meinen Träumen nachhänge und darüber rätsle und staune, was sie mir zu sagen haben. Manchmal bleibt nur ein vages Gefühl, manchmal schenken sie mir auch eine neue Sichtweise auf das, was mich am Vortag beschäftigt hat. Dieses Morgenritual, bei dem ich mein Inneres so gut wie möglich mit der Welt um mich herum in Einklang zu bringen versuche, ist für mich mittlerweile unverzichtbar. Wie schön, dass ich mich vom schrillenden Wecker nicht mehr in vier Sekunden von Null auf Hundert bringen lassen muss!

Allmähliches Aufwachen, das macht uns auch die Natur im März vor. Der Lenzmond ist eine Zeit des Übergangs, und Rückschläge sind typisch für solche Schwellen: Mal gibt es Tage, da heizt die Sonne uns schon ordentlich ein, das Schmelzwasser pritschelt in Strömen über die Dachrinnen hinaus und der Schneemann sackt binnen weniger Stunden in sich zusammen, während wir uns genüsslich auf der Terrasse räkeln. Kurz darauf tanzen die Schneeflocken wild und ziehen alles, was bereits erwacht war, wieder zurück unter die weiße Decke. Bis auch der letzte schmutzige Schneerest endgültig getaut ist, dauert es bei uns meistens dann doch bis April. Doch bei alldem herrscht eine freudige Achtsamkeit, der nicht das kleinste Frühlingssignal entgeht.

Mond im März
Im März zieht der Halbmond seine höchste Bahn über den Himmel und steht abends fast senkrecht über uns. © Dagmar Steigenberger

Der Mond im März: Halbvoll und doch so hell

Frühling, meint man, sei unweigerlich mit dem Morgen verbunden. Mit Osten, mit dem Sonnenaufgang. Stimmt ja auch, irgendwie. Aber nur weil Frühling ist, stehe ich nicht plötzlich um sechs Uhr früh freudestrahlend auf der Matte! Ich bin deshalb immer noch ein Morgenmuffel. Dafür bin ich abends wieder viel länger fit.

Die Abendstunden im März – und nun kommt endlich der Mond ins Spiel – besitzen für mich eine ebenso wertvolle Frühlings-Qualität wie der Morgen: Der erst halbvolle Mond strahlt abends mit einer solchen Kraft vom Himmel, dass ich mir trotz der Dunkelheit einbilde, in seinem Licht beinahe die Farben um mich herum erkennen zu können. So nehme ich sein Licht sonst nur rund um Vollmond wahr.

Jedes Jahr im Vorfrühling (dieses Jahr am 10. und 11. März) wandert der Halbmond auf seiner höchsten Bahn über den Himmel. Und obwohl der Mond dann noch nicht voll ist, bedeutet das: mehr Licht! Längere Abende!

Bis 2100 kommt der Frühling immer früher

Der Frühling ist vermutlich die einzige Jahreszeit, in der das Höher-Schneller-Weiter unserer westlichen Zivilisation ganz natürlich wirkt. Astronomisch und kalendarisch gesehen, beginnt er dieses Jahr übrigens schon am 20. März. Wie jetzt? Nicht am 21.? Nein, das war einmal; das letzte Mal 2012. Und ab 2048 wird das Frühjahr immer öfter sogar schon am 19. März starten. Am Klimawandel liegt das – ausnahmsweise – nicht. Der Frühlingspunkt ist einer von zwei Tagen im Jahr, an denen die Sonne exakt senkrecht über dem Äquator steht, sodass Tag und Nacht genau gleich lang sind. Die zweite Tagundnachtgleiche findet zum Herbstanfang am 23. September statt. Auch dieses Datum verschiebt sich übrigens immer weiter nach vorn. Das liegt daran, dass unser Kalenderjahr mit 365 Tagen nicht ganz mit dem Erdenjahr von 365 Tagen, 5 Stunden und 49 Minuten überein stimmt. Um das auszugleichen, gibt es alle vier Jahre mit dem 29. Februar einen Schalttag. Wer genau nachrechnet, kommt allerdings nur auf 23 Stunden und 16 Minuten, die sich über diese Zeit summieren. Wenn der Kalender so weiterliefe, würde der kalendarische Frühlingspunkt also bald schon auf das Weihnachtsdatum fallen. Tut er glücklicherweise nicht. Denn in den Jahren 1700, 1800 und 1900 fiel der Schalttag aus. Und im Jahr 2100 wird es ebenfalls keinen 29. Februar geben, sodass der Frühlingspunkt dann nach fast 90 Jahren Pause endlich wieder auf den 21. März fällt. Bis dahin aber dürfen wir den Frühling immer wieder ein bisschen früher feiern.

TIPP zum Beobachten von Mond im März

Mauretanische Mondsichel

Kurz nach Neumond am 2. März gibt es das nächste Phänomen am abendlichen Himmel zu sehen: die hauchzarte Mondsichel, die direkt nach Sonnenuntergang wie eine Schüssel auf dem Horizont zu liegen scheint. Diese Besonderheit kann man in unseren Breiten nur im Vorfrühling und im Frühherbst bestaunen, weil die Himmelsbahn von Sonne und Mond dann abends (bzw. im Herbst morgens) sehr steil zum Horizont verläuft. „Mauretanischer Mond“ heißt dieser liegende Mond, entsprechend der Sichel auf der Flagge Mauretaniens.

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