Stecklinge: Schneiden und ganz einfach vermehren

Irgendwann wird jeder Pflanzenfan mal davon hören: Stecklinge schneiden. Was das ist, wie es (meistens) ganz simpel funktioniert und wieso zur Hölle es alle machen, liest du hier.

Zugegeben, geliebte Pflanzen zerschneiden fällt mir nicht leicht. Vor allem, wenn es sich um Lieblinge handelt, die ich quasi großgezogen habe. Irgendwie auch gruselig, oder? Erst will man, dass die Pflanze wächst, nur um sie dann in Einzelteile zu stückeln? Wieso macht man das eigentlich?

Stecklinge: In diesen Fällen ist schneiden sinnvoll

Stecklinge sind nichts anderes als Ableger, also Teile der Pflanze bestehend aus Blatt und Stiel. Man schneidet sie, um neue Pflanzen zu erhalten. Aber wieso lässt man sie nicht einfach dran? Dafür gibt es simple Gründe

  • Die Pflanze wird einfach zu groß
  • Du willst mehrere Pflanzen einer Art in der Wohnung verteilen, aber keine neuen kaufen
  • Du möchtest Teile der Pflanze verschenken oder verkaufen
  • Die Pflanze ist von Schädlingen befallen und du möchtest zumindest einen kleinen Teil davon retten
  • Du willst es einfach mal probieren

Du siehst, es gibt viele Gründe Pflanzen durch Ableger zu vermehren. Aber es gibt auch einen wesentlichen Grund, es nicht zu tun, nämlich wenn die Pflanze viel zu klein ist. Dann könnte es nämlich passieren, dass sie dir abstirbt. Davon abgesehen gibt es bei ganz kleinen Pflanzen vielleicht noch gar keine geeigneten Stellen, an denen sich neue Wurzeln bilden könnten.

Übrigens: Viele verwenden Pflanzen auch als Geldanlage. Ist der grüne Freund recht selten oder teuer in der Anschaffung, kannst du mit Stecklingen ganz gutes Geld verdienen. Allerdings kommen immer mehr Leute auf diese Idee. Vermutlich ist der Markt wohl irgendwann doch gesättigt. Ich habe das ein paar Mal gemacht und konnte mit den Einnahmen zumindest den Kaufpreis decken. Außerdem ist es eine sehr nachhaltige Art die Pflanzen zu vermehren.

Stecklinge
Die Wurzeln bilden sich im Wasser. © Eva Goldschald

Stecklinge: Diese Pflanzen sind besonders geeignet

Prinzipiell kann man wirklich jede Pflanze vermehren. Schließlich tut sie das in der Natur ja von selbst. Es gibt aber einige Sorten, bei denen geht es leichter und andere, die ziemlich zickig sein können. Abschneiden, ab in die Erde und die neue Pflanze ist fertig? Ganz so einfach ist es leider nicht.

Ich habe schon Stecklinge gehabt, die wollten einfach keine Wurzeln bilden. Irgendwann waren keine Blätter mehr übrig, der Stiel glibberig und verfault und die Pflanze war kaputt. So war es zum Beispiel bei meiner Philodendron Birkin oder der Philodendon Brasil. Prinzipiell sind diese zwei Pflanzen recht leicht zu vermehren. Bei mir sollte es einfach nicht sein. Dafür hatte ich bei folgenden Exemplaren ziemlich Glück.

  • Monstera
  • Syngonium Variegata
  • Pilea (die vermehrt sich quasi selbst im Topf und man muss sie nur noch ausgraben)
  • Forellenbegonie
  • Philodendron Micans
  • Bogenhanf
  • Bananenpflanze (wie bei Pilea)

Im Grunde ist es Learning-by-Doing, ein Gespür für die Pflanze entwickeln und auch mit Niederschlägen umgehen können. Eben wie im richtigen leben.

Stecklinge: Jetzt wird geschnitten

Bevor du drauflos schneidest, musst du die richtige Stelle an der Pflanze finden. Diese befindet sich immer an den Blattknoten, also den Punkten, an denen die Pflanze dann Wurzeln bildet. Wenn du nur ein Blatt abschneidest, werden sich keine Wurzeln bilden. Hast du die richtigen Achsen gefunden, kannst du mit einem scharfen Messer die Pflanzenteile abtrennen. Du kannst übrigens mehrere Stecklinge von einer Pflanze schneiden, vorausgesetzt sie ist groß genug. Verschiedene Gärtner und auch Pflanzenblogger empfehlen, die Schnittstellen mit Alkohol zu desinfizieren.

Ich habe das bisher allerdings noch nicht gemacht. Stattdessen ließ ich Wasser über die Schnittstellen laufen und stellte die Stecklinge anschließend in Wasser. Dafür kannst du entweder durchsichtige Gläser nehmen oder auch einen undurchsichtigen Topf. Das Wasser sollte allerdings nur den unteren Teil der Pflanze bedecken und keinesfalls den ganzen Stiel. Ansonsten kann es passieren, dass Blätter und Stiel abfaulen. Man sagt, wenn die Pflanze hell steht, die Wurzeln aber keine direkte Sonne erhalten, wurzeln sie am besten.

Ich würde empfehlen, die Gefäße schön hell, aber nicht unbedingt in Sichtweite zu platzieren. Aus Erfahrung kann ich sagen: Je öfter man nach den Stecklingen schaut, desto langsamer wachsen sie. Am besten ist es manchmal, sie einfach zu vergessen. Irgendwann freut man sich dann über die Wurzelpracht. Allerdings sollte man schon alle paar Wochen mal das Wasser wechseln.

Stecklinge: Alternative abmoosen

Anstatt die Pflanze zu zerschneiden und erst nachträglich auf Wurzeln zu hoffen, schwören viele auf die Moos-Methode. Der Vorteil dabei ist, dass die Pflanze im Gesamten ganz nebenbei Wurzeln bilden kann und sich nicht, so wie beim Steckling, komplett darauf fokussieren muss. Bei Stecklingen besteht nämlich die Gefahr, dass der Ableger all seine Energie in neue Wurzeln steckt und dabei die Blätter absterben, weil sie nicht mehr ausreichend versorgt werden. Zum sogenannten abmoosen brauchst du nur einen Plastikbecher, Frischhaltefolie, Tesafilm, Moos und etwas Wasser. Und so funktioniert’s: Sucht dir wieder die Blattachsen, die bewurzelt werden sollen. Dann schneide den Becher vom oberen Rand bis zur Mitte ein und entferne die Hälfte des Bodens vom Becher.

Jetzt kannst du den Becher um den Stiel stülpen und die Schnittstelle am Becher mit Tesa wieder zukleben. Anschließend füllst du Moos in den Becher und gibst etwas Wasser dazu, sodass das Moos leicht feucht ist. Zum Schluss kommt Frischhaltefolie als Deckel drüber und wird gut angeklebt. Jetzt hast du ein Gewächshaus, das sich permanent selbst befeuchtet. An den Schnittstellen wachsen jetzt Wurzeln direkt an der Mutterpflanze. Wenn du keinen Plastikbecher hast, kannst du die Stellen mit dem Moos auch nur mit Frischhaltefolie abdecken. Bei der Monstera kannst du zum Beispiel das Gefäß über die Luftwurzeln stülpen. Sobald genug Wurzeln da sind, schneidest du einfach die Stiele ab und pflanzt die Ableger ein.

Stecklinge: Was, wenn es keine neuen Wurzeln gibt

Natürlich kann es passieren, dass du alle Schritte befolgt hast, der Steckling aber trotzdem keine Wurzeln bilden will. Normalerweise solltest du schon nach zwei bis drei Wochen erste Wurzelansätze sehen. Bei manchem Pflanzen geht es super schnell, bei manchen dauert es hingegen Wochen, bis sich überhaupt etwas zeigt. Gib deiner Pflanze einfach Zeit. Wenn allerdings die größte Geduld nicht hilft, kannst du versuchen den Steckling in einen mit Blähton gefüllten Plastikbecher zu stellen. Den füllst du dann im ersten Drittel mit Wasser und stülpst einen weiteren Deckel von oben über das Blatt. So hast du wieder eine Art Gewächshaus, das sich selbst befeuchtet. Jetzt sollte es wirklich funktionieren mit dem Bewurzeln.

Stecklinge: Die Wurzeln sind da, was nun?

Juchu, du hast es geschafft und deine Pflanze hat tatsächlich jede Menge Wurzeln bekommen. Der richtige Zeitpunkt, sie einzupflanzen. Übrigens ist der erst da, wenn die neuen Wurzeln auch Verzweigungen gebildet haben und ein richtiges Wurzelgeflecht dranhängt. Hat sich nur eine Wurzel gebildet, solltest du dem Steckling auf jeden Fall noch etwas mehr Zeit geben. Eingepflanzt wird am besten in Anzuchterde. Die ist nicht so stark gedüngt. Danach gießt du die Pflanze gut an und lässt alles überschüssige Wasser ablaufen. Achte unbedingt darauf, dass du am Boden eine Drainageschicht, zum Beispiel aus Blähton, Sand oder kleinen Steinchen füllst. Das beugt Staunässe vor.

Umtopfen: Drainage Schicht
Zuerst kommt eine Drainage-Schicht in den Topf. © Eva Goldschald

Stecklinge: Ausnahmefall Bogenhanf

Ja der Bogenhanf. Er ist so pflegeleicht und genügsam, kommt wochenlang ohne Wasser aus und braucht so gut wie nie Dünger. So einfach wie die Pflege selbst ist auch dessen Vermehrung. Dazu schneidest du ein Blatt ab, stellst es in Wasser, sodass die Schnittstelle gut bedeckt ist. Schon nach wenigen Tagen sollten sich Wurzeln bilden. Einpflanzen funktioniert dann ganz genau wie bei allen anderen auch. Generell ist die Vermehrung von Sukkulenten sehr leicht. Die verschiedenen Methoden haben wir hier bereits beschrieben: