Der Mond im Juni: Die wahre Bedeutung des Erdbeermonds

Da der Mond seine Leuchtkraft nur von der Sonne borgt, steht die Mond-Kolumne im Juni ganz im Zeichen der Sonne. Diesen Monat feiern wir nämlich die Sommersonnwende. Ohne Sonne läuft gar nichts. Das spüren Menschen und Tiere ganz instinktiv und reagieren deshalb mit Gänsehaut oder auch Angst auf eine Sonnenfinsternis, wie sie jüngst Grönland am 10. Juni 2021 erlebt hat. Ohne das Licht und die Wärme der Sonne hätte sich auf der Erde kein Leben entwickeln können.

Der Mond im Juni hat die kürzeste Vollmondnacht des Jahres

Natürlich trägt auch der Mond zum Leben auf der Erde bei: Seine Schwerkraft stabilisiert die Erdachse, sodass unser Planet nicht völlig wirr um sich selbst kullert, während er zusammen mit dem Mond um die Sonne rotiert. Aber das Licht, das der Mond auf die Erde abstrahlt, ist nicht sein eigenes. Es ist das der Sonne. Grund genug also, die Mondkolumne auch einmal ein Stück weit der Sonne zu widmen. Und zwar am besten zu der Zeit, in der die Sonne am kraftvollsten auf uns einwirkt und den Mond damit unscheinbarer werden lässt.

Der Vollmond nach der Sommersonnwende hat nicht die Leuchtkraft und Ausdauer wie im Winter. Das liegt daran, dass der Vollmond grundsätzlich der Sonne gegenüber steht. Zieht die Sonne eine sehr hohe Bahn über den Himmel, wandert der Vollmond zwangsläufig sehr tief über den Himmel. Am 24. Juni, zur kürzesten Vollmondnacht des Jahres 2021, steht unser Erdtrabant selbst im Zenit noch so tief über dem Horizont, dass ihn die Menschen jenseits des nördlichen Polarkreises – dort wo nun 24 Stunden lang Tag herrscht – gar nicht erst zu Gesicht bekommen.

Und auch wir in Mitteleuropa erleben diesen Vollmond im Juni längst nicht in seiner vollen Leuchtkraft, da sein Licht die Erdatmosphäre sehr schräg passiert und damit vielfach gebrochen wird. So erscheint der tief stehende Vollmond oft in einem orange-rötlichen Licht – ähnlich wie die auf- oder untergehende Sonne.

Der Mond im Juni wird auch Erdbeermond genannt

Ob der Mond im Juni deshalb bei den Algonkin, einem nordamerikanischen Ureinwohnerstamm, Erdbeermond genannt wurde? Oder bei uns Rosenmond? Vermutlich waren es eher die Pflanzen, die den Menschen zu dieser Jahreszeit besonders ins Auge fielen: Die Erdbeeren als die ersten essbaren Früchte, die die Natur im Frühsommer reifen lässt! Oder eben die wilden Heckenrosen, aus deren Blüten später wahre Vitaminbomben, die Hagebutten werden. Ob wir nun die Erdbeere oder die Rose bevorzugen, das ist fast egal: Beide Pflanzen gehören nämlich der Gattung der Rosaceae an – wie übrigens auch die Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen … Mmh, ein Vorgeschmack auf den Sommer, der aus astronomischer Sicht mit der Sommersonnwende am 21. Juni beginnt.

Mond im Juni Pusteblume
Die Natur hat im Juni ihren Höhepunkt. © Dagmar Steigenberger

Mittlerweile habe ich mir die beiden Punkte am Horizont gemerkt, wo wir von unserer Gartenbank aus die Sonne zur Winter- und zur Sommersonnwende untergehen sehen. Laut Kompass liegen zwischen den beiden Punkten ganze 70 Grad. So einen geheimen, persönlichen Jahres-Sonnenkalender vor der eigenen Haustüre zu haben, finde ich ungemein faszinierend. Und so einfach.

Den eigenen Jahres-Sonnenkalender vor der Haustür entdecken

Vielleicht fällt euch ja jetzt, während ihr diese Zeilen lest, auch so ein Platz ein? Wenn ihr rund um den 21. Juni dort sitzt, merkt euch einfach einen markanten Punkt an der Stelle, wo ihr die Sonne bei ihrem Auf- oder Untergang beobachtet. Ein Foto oder die Grad-Angabe auf dem Kompass (oder dem Smartphone) können als Erinnerungsstütze helfen. Und in einem halben Jahr, zur Wintersonnwende, macht ihr das Gleiche wieder. Schon jetzt könnt ihr beobachten, wie die Sonne zu den Sonnwenden gaaanz langsam die Richtung ihrer Bahnhöhe ändert. Um die Tagundnachtgleichen herum rast der Punkt des Sonnenauf- oder untergangs regelrecht vor- beziehungsweise rückwärts.

Glücklicherweise müssen wir beim Mond nicht ein halbes Jahr lang warten, bis er am Himmel wieder höher steigt. Denn die Strecke, die die Sonnenbahn an unserem Himmel binnen eines Jahres auf- und absteigt, schafft der Mond binnen 27,3 Tagen. Sollte in eurem Mondkalender vom auf- und vom absteigenden Mond die Rede sein, dann ist damit genau das gemeint: seine tägliche bzw. nächtliche Bahnhöhe. Findet ihr diese Info nicht direkt im Mondkalender, könnt ihr sie aus den Sternzeichen herauslesen, in denen der Mond gerade steht: Seine tiefste Bahn zieht er immer im Mondzeichen Steinbock (wie eben zum Vollmond am 24. Juni), seine höchste Bahn immer im Mondzeichen Krebs über den Himmel. Von Krebs bis Steinbock fällt seine Bahn, von Steinbock bis Krebs steigt sie an.

So eine Informationsflut! Vermutlich ist gerade der Zeitgeist mit mir durchgegangen: der Jahreszeit-Geist. Denn der Erdbeermond ist auch die Zeit, in der die Luft prall gefüllt ist mit Botschaften. Mit Informationen.

Man kann sie sehen in der von Blütenstaub gelben Luft. Und an der Blumenpracht. Mit bunten Farben und verführerischen Düften locken die Blüten die geflügelten Boten an, damit sie die Genpools zwischen den Pflanzen austauschen und sie so befruchten. Man kann die Informationen auch hören: Im Baum vor unserem Schlafzimmerfenster beispielsweise singt jeden Morgen und Abend ein Amselmännchen sein wunderschönes Lied, um sein Revier abzustecken – und vielleicht auch, um seine Geliebte zu erfreuen.

Ab Ende Juni werden die Tage wieder kürzer

Genießt es! Nicht mehr lang, dann geht’s wieder abwärts. Ab Ende Juni verlieren die Tage täglich mehr Sonnen-Zeit bis zur Wintersonnwende. Meinen Mann stimmt das immer wehmütig. Mich nicht, im Gegenteil: Zur Sommersonnwende bin ich fast schon erleichtert. Endlich beginnt der Mond im Juni wieder höher zu steigen! Und dann, um die Wintersonnwende herum, könnte ich den Vollmond ganze sechzehneinhalb Stunden lang sehen – vorausgesetzt ich bleibe so lang wach, was ich ehrlich gesagt dann doch nicht mache.

Ach, lassen wir einfach das Bewerten. Die Natur tut das auch nicht bei all den Informationen, die sie im Juni durch die Luft schickt. Dazu ist der Vollmond in Schütze am 26. Mai dagewesen. Unter den Astrologen gilt Schütze als das Zeichen, das uns daran erinnert, hin und wieder doch eine Bewertung vorzunehmen; einfach weil es Sinn macht. Weil wir unser Ziel bei dieser riesigen Informationsflut nicht aus den Augen verlieren wollen. Zur Erinnerung: Ihr wolltet einen Platz zum Sonne-Beobachten finden!

Bergfeuer in Tirol
Ein Bergfeuer in der Tiroler-Arena. © Somweber

Sonnenwend-Feuer in den Bergen betrachten

Doch der Mond im Juni ist nichts ohne die Sonne: Das Feuer ist der Inbegriff von Sonnenkraft, deshalb wird die Sonne zu ihrer höchsten Himmelsbahn im Juni mit zahlreichen Feuer-Bräuchen gefeiert, sei es nun mit einem normalen Johanni-Feuer oder auch mit den Herz-Jesu-Feuern in den Tiroler und Südtiroler Bergen, bei denen ganze Feuer-Bilder die Berghänge erleuchten. Dieser Brauch findet am dritten Wochenende nach Pfingsten oder auch zu Sonnwend statt. Wer dort um diese Zeit urlaubt, sollte sich für den entsprechenden Abend auf jeden Fall einen guten Aussichtspunkt suchen.

Tipps, um den Mond im Juni zu beobachten

Am 10. Juni 2021 verdeckt der Neumond die Sonne – in Grönland komplett, in Deutschland zwischen 20 Prozent im Norden und sechs Prozent im Süden. Wer diese partielle Sonnenfinsternis verpasst hat, erhält schon bald die nächste Chance: Am 25. Oktober 2022 wird der Mond die Sonne zu 35 Prozent im Nordosten und zu knapp 20 Prozent im Südwesten verdecken.

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