Zimmerpflanzen nachhaltig beschaffen

Das Geschäft mit dem Urban Jungle boomt. Nachhaltig ist der Hype allerdings selten. Wie also kann man spezielle Pflanzen möglichst ökologisch beschaffen und geht das überhaupt?

Der MDR machte im Oktober 2021 eine kurze Umfrage in der Leipziger Innenstadt. Diese ergab, dass die Befragten Pflanzenbesitzer und Besitzerinnen so gut wie nie darauf achten, woher ihre Pflanze stammt und wie groß deren ökologischer Fußabdruck wirklich ist. Niemand ging davon aus, dass Pflanzen und Nachhaltigkeit sich ausschließen. Auch ich kenne das. Während ich im Gartencenter und manchmal online nach schönen Exoten suche, blende ich einfach aus, dass das nicht nachhaltig ist. Und dass, obwohl ich ansonsten versuche, ein recht klimafreundliches Leben zu führen.

Zimmerpflanzen nachhaltig beschaffen: So viel sind uns die Pflanzen wert

Laut dem Zentralverband Gartenbau gaben Menschen in Deutschland 2018 rund 105 Euro für Blumen und Pflanzen aus. Das schockt mich allerdings nicht. Obwohl Monstera und Sukkulenten auf dem Vormarsch sind, ist die Orchidee mit Abstand immer noch die beliebteste Zimmerpflanze. Über 80 Prozent aller Pflanzen, die wir kaufen, sind importiert. Gekennzeichnet sind die wenigsten so, dass man wirklich herauslesen könnte, woher die Pflanze stammt. Mittlerweile gibt es ein riesiges Netzwerk an undurchsichtigen Lieferketten. Exoten werden zu horrenden Preisen gehandelt. Wie sie angebaut und kultiviert werden spielt dabei selten eine Rolle. Hauptsache die nächste Pflanze ist noch besonderer und noch außergewöhnlicher.

Zimmerpflanzen nachhaltig beschaffen: Diese Favoriten sind wenig nachhaltig

Die meisten Pflanzen, die wir bei uns kaufen, werden aus den Niederlanden importiert. Woher die Samen letztendlich stammen, steht so gut wie nie am Etikett. Viele der Samen und Jungpflanzen stammen aus Afrika, Costa Rica oder Ägypten. Kein Wunder, denn dort ist das Klima genauso, wie viele exotische Pflanzen es benötigen. Damit sie dann auch in kühleren Regionen gut gedeihen, brauchen sie viel Dünger und verbrauchen durch Wärmelampen und zusätzliche künstliche Lichtquellen enorme Mengen an Strom.

Würden diese Pflanzen bei uns im Freien stehen, würden sie nach nur wenigen Tagen sterben. Die Monstera stammt zum Beispiel aus dem Urwald in Mittel- und Südamerika, wo sie an den Stämmen riesiger Bäume emporwächst. Die beliebte Areca Palme ist normalerweise an den sandigen Flussbänken Madagaskars zuhause. Auch aus diesen Ländern stammen folgende Pflanzen:

  • Alocasia: Philippinen, Australien, Indonesien
  • Philodendron: Florida, Mexiko, Zentralamerika, karibische Inseln und Südamerika
  • Calathea: Amazonasgebiet Brasilien
  • Strelizia: südliches Afrika
  • Syngonium: Mittel- und Südamerika, Hawaii
  • Pilea (Geldbaum): nur im Südwesten Chinas auf 1500 bis 300 Metern Höhe
  • Bogenhanf: Sri Lanka, Myanmar, Jemen

Zimmerpflanzen nachhaltig beschaffen: Grün ist nicht gleich grün

Bis so eine Pflanze bei uns in der Wohnung steht, legt sie einen langen und vor allem verschwenderischen Weg zurück. Während exotische Pflanzen in ihrer Heimat so natürlich wachsen wie bei uns der Löwenzahn, brauchen sie bei uns in der Wohnung oft besondere Verhältnisse, um überhaupt gedeihen zu können. Selten weiß man um die Anbaumethoden im Herkunftsland. Auch ist ungewiss, ob für den Anbau andere Pflanzen verdrängt, werden müssen, damit man zum Beispiel mehr Monsteras züchten kann.

Sobald Stecklinge und Samen für die weitere Aufzucht bereit sind, werden sie meist in die Niederlande transportiert. Dort stehen riesige Gewächshäuser, die Stecklinge und Jungpflanzen unter künstlichen, aber optimalen Bedingungen aufziehen. Sind sie groß genug, werden sie von den Großhändlern an die Abnehmer, wie zum Beispiel Gartencenter verteilt. Auf dem Herkunftsetikett bzw. auch dem Pflanzenpass steht dann meist nur die Abkürzung NL für Niederlande. Dass die eben gekaufte Alocasia aber eigentlich von den Philippinen kommt, erfahren Kundin und Kunde nur mit Glück, und nur, wenn sie danach fragen.

Zimmerpflanzen nachhaltig beschaffen: Wenig ökologische Aspekte

Damit sich eine exotische Pflanze bei uns wohl fühlt, benötigt sie oft viel Pflege. Während eine Monstera bescheiden ohne viel Zubehör gedeiht, sind bestimmte Arten der Alocasia sehr anspruchsvoll. Schnell zahlt man da für ein kleines Gewächshaus, extra Luftbefeuchter, besonderen Dünger und künstliches Licht. Alles Dinge, die auf lange Sicht enorme Ressourcen verbrauchen. Vor allem wenn man bedenkt, dass man nicht der oder die Einzige ist, die all diese Extras in der Wohnung hat.

zimmerpflanzen nachhaltig beschaffen im Markt
Schon gewusst: Über 80 Prozent aller Pflanzen, die wir kaufen sind importiert. © David – stock.adobe.com

Doch nicht nur Zuhause, auch in den Gewächshäusern in den Niederlanden verbrauchen diese Pflanzen all das. Damit sie schnell wachsen, werden zusätzlich Pestizide eingesetzt. Für die Pflanzen muss auch jede Menge Erde importiert werden. Fast immer enthält sie Torf. Dessen Abbau zerstört die Moore und setzt Unmengen CO2 frei, das sich normalerweise sicher im Torf im Boden befindet.

Zimmerpflanzen nachhaltig beschaffen: So kann es gelingen

Wenn du deinen Urban Jungle möglichst ökologisch gestalten möchtest, fängt das bei der Beschaffung an und hört bei der Unterbringung zuhause auf. „Buy and act local“ gilt nicht nur im Alltag, sondern auch bei den Zimmerpflanzen. Eine erste Möglichkeit, die dir zumindest etwas mehr Infos liefert, ist der Pflanzenpass. Seit 2019 ist dieser verpflichtend.

Auf einem Etikett findet man die Flagge der EU, den botanischen Namen der Pflanze, den Lieferanten, eine Rückverfolgungsnummer und das Herkunftsland. Kommt die Pflanze also aus den Niederlanden nach Deutschland, steht dort meistens NL. Woher der Samen oder der kleine Steckling ursprünglich kommt, erkennt man nur selten. Besser ist es also, direkt im Geschäft nachzufragen und sich so viele Infos einzuholen wie möglich. Und es gibt noch weitere Tipps.

Auch bei den Schnittblumen gibt es dank der Slow Flowers-Bewegung eine nachhaltige Alternative:

Zimmerpflanzen nachhaltig beschaffen: Eine Übersicht

Nicht nur Obst und Gemüse haben Wachstumsperioden. Vielleicht ist dir schon mal aufgefallen, dass deine Zimmerpflanzen im Winter weniger neue Blätter und Blüten bilden und manchmal absterben. Zwar sind sie in der Wohnung weniger der Witterung ausgesetzt, trotzdem fehlt ihnen das Licht der Sommermonate. Bio-Pflanzen werden deshalb nicht im Winter angeboten. Laut der Richtlinien dürfen die Gewächshäuser nämlich nur bei starkem Frost beheizt werden. Die Pflanzen müssen dann eine auferlegte Wachstumspause einlegen. Ansonsten entfällt das Bio-Zertifikat. Und es gibt noch mehr Infos und Anhaltspunkte:

  • Auf Exoten verzichten, die künstlich Feuchtigkeit, Licht und Wärme benötigen
  • Pflanzentauschbörsen und Online-Flohmärkte wie Ebay nutzen
  • Lokale Blumenhändler und Bio-Gärtnereien besuchen
  • Pflanzen retten, die im Baumarkt reduziert sind und sonst weggeschmissen werden
  • Ableger selbst ziehen, z. B. Avocadokern durch Regrowing
  • Pflanzen tauschen auf Online-Börsen wie Pflanzenmuddis- und Vaddis auf Facebook
  • Regionale Pflanzen wie Efeu oder Farne nutzen
  • Torffreie Erde verwenden
  • Auf pflegeleichte Pflanzen setzen

Zimmerpflanzen nachhaltig beschaffen: Diese Exemplare sind heimisch

Wenn du nachhaltig sein möchtest, kannst du vermehrt nach heimischen Zimmerpflanzen schauen. Klar, das klingt erst einmal nicht so verlockend wie eine varigierte Syngonium. Schließlich wirst du gleich sehen, dass die Auswahl mehr als überschaubar ist. Viele Zimmerpflanzen sind so normal geworden, dass wir uns gar nicht mehr vorstellen können, dass es sie bei uns eigentlich gar nicht gibt. Aber sieh’s mal positiv: Wenn du dich für heimische Pflanzen entscheidest, musst du keine Unmengen für Gewächshäuser und weitere Accessoires ausgeben und die Pflanze fühlt sich auch ohne viel Tamtam wohl. Schließlich ärgert man sich bei den Exoten doch oft, wieso sie jetzt schon wieder absterben.

Die Bedingungen sind bei uns einfach nicht ideal – zumindest, wenn man auf Luftbefeuchter verzichtet.

Diese Pflanzen sind heimisch:

  • Efeu
  • Farne
  • Bonsai aus heimischen Bäumen

Du siehst, die Liste ist sehr kurz. Selbst Sukkulenten, die man bei uns öfter in felsigen Gärten und sogar Alpenregionen findet, sind ursprünglich nicht heimisch. Am besten gehst du in eine Bio-Gärtnerei und lässt dich umfassend beraten. Dann bekommst du gleich Tipps zur Pflege und kannst dich auch erkundigen, sollte deine Pflanze mal zicken.

Und hey, auch ich muss mich da ganz schön umstellen. Aber vielleicht macht es irgendwann Spaß, mit Efeu zu experimentieren oder einen Bonsai aus einer heimischen Birke zu ziehen.